Grace
Irgendwann gleite ich tatsächlich in einen Schlaf, in dem ich von allem möglichen Träume. Vor allem aber, und das ärgert mich zu tiefst, von diesem mysteriösen Arschlochtyp und meiner unbekannten Familie.

Grace
Als ich aufwache, klingelt mein Wecker wie blöd. Ich haue meine Hand darauf und murre leise. Ich will weiter schlafen! Ich werfe einen schnellen Blick darauf und stelle fest, dass es bereits 9 Uhr ist. Ich seufze, setze ich mich, strecke mich und quäle mich dann ins Badezimmer, wo ich erstmal meinen Rücken inspiziere. Nichts. Glatt. Kein Zeichen von Flügeln oder sonstigem. Ich runzle die Stirn und schüttle dann den Kopf. Ich steige unter die kalte Dusche, die meine Lebensgeister weckt und gehe danach, in Jeansshorts und einem lockeren, weißen Oberteil nach unten, wo ich in der Küche auf meine übrige Familie treffe. "Morgen." sage ich und schnappe mir ein Glas O-Saft.

Isaac
Als sie so beschwingt herunter kommt und uns auch noch mit einem Lächeln im Gesicht Guten Morgen wünscht, stelle ich fest, dass meine Schwester wirklich gut im überspielen ist. Ich bin kurz verblüfft, fange mich allerdings relativ schnell wieder. Ich grinse zurück und erwidere ihr 'Guten Morgen'. Mum und Dad wirken erleichtert. Ich glaube, sie kennen Grace nicht so wie ich. Sie sehen nicht, dass sie es nur versucht zu verdrängen. Dass sie noch lange nicht damit abgeschlossen hat. Dass ihr das schwer im Magen liegt.
Nach einem langen, ausgiebigen Frühstück, stehen ich und Grace auf. Ich schlage ihr vor ein wenig raus zu fahren, um ihr ein paar 'Engel-Sachen' zu zeigen, aber sie besteht darauf, zuerst in die Stadt zu fahren. Also fahren wir los Richtung Innenstadt und sie dreht die Musik laut.

Grace
Ich bringe Isaac dazu vor einem Buchladen anzuhalten. Wir steigen aus und gehen hinein - wenn er es auch nur widerwillig macht. Stickige Luft schlägt uns entgegen. Aber ich liebe den Geruch der Bücher ob alt oder neu. Ich lese unglaublich gerne, finde in letzter Zeit aber immer weniger Zeit dafür. Ich will mir jetzt aber endlich mal das Buch kaufen, dass mir eine Freundin empfohlen hat. Ein Krimi. Ich suche die Reihen ab, während Isaac in die Sportbücher - Abteilung entschwindet und desinteressiert über die Büchertitel streicht und das ein oder andere rauszieht um den Klappentext zu lesen.


Isaac
Bücher sind in meinen Augen vollkommene Zeitverschwendung. Ein süffisantes Lächeln umspielt meine Lippen, während ich mir diese dämlichen Bücher über die unterschiedlichsten Sportarten durchsehe. Alles reiner Quatsch. Wenn ich Sport machen will, brauche ich Motivation und Spaß. Keine komischen Wälzer. Ich lege das Buch wieder zurück und verlasse die Abteilung. Wo bleibt Grace nur so lange?

Grace
Als ich endlich gefunden habe wonach ich gesucht habe, gehe ich gedankenverloren und vollkommen auf den Text hinten auf dem Buch fokussiert zurück zur Kasse. Ich sehe Isaac lässig daran lehnen. Er unterhält sich angeregt mit der hübschen, jungen Verkäuferin, die ihre braunen Korkenzieherlocken mit den Fingern einrollt und den Kopf leicht schief legt, während sie ihn mit einem flirtenden Lächeln ansieht und ihn ja förmlich mit Blicken auszieht. Ich unterdrücke ein Augenrollen und grinse. Ich lege das Buch auf die Theke. Das scheint sie aus ihrer Trance zu reißen. Sie schaut zu mir und ihr Blick wird leicht enttäuscht. "Darf ich vorstellen: Meine Schwester Grace." sagt Isaac und ich schenke der jungen Frau ein eher kühles Lächeln. "Halbschwester." erwidere ich und lege das Geld passend auf den Tisch. Dann schnappe ich das Buch und stopfe es in meine Tasche. Ich kann förmlich spüren, wie Isaac bei meiner Bemerkung zusammen gezuckt ist. Tja, so ist es nun mal. Ich schenke der Frau noch ein knappes, freundliches aber kühles Lächeln und sage: "schönen Tag noch." und gehe dann aus dem Buchladen.

Isaac
Ich folge Grace mit einem letzten Blick auf die junge Frau, die mir verwirrt nachsieht. Die Bemerkung von Grace hat mir mehr ausgemacht, als sie eigentlich sollte. Scheiße, sie hat ja Recht. Und außerdem hat sie jedes Recht solche Dinge zu sagen. Sie ist wütend, das weiß ich. Sie kann mir nichts vorspielen.

Isaac
Ich bin im ersten Moment wirklich überrascht, als ich mit einer jungen Frau zusammenstoße. Dann erkenne ich sie wieder und mustere sie leicht unfreundlich. Doch ich bin gut erzogen, also sage ich: "Tut mir leid." dann drehe ich mich zu Grace um, die ungeduldig am Wagen wartet und dieser Frau einen leicht wütenden Blick zuwirft. Ich will ja in Grace Ranking nicht noch weiter absinken, und sie scheint dieses gepimte Mädchen nicht unbedingt leiden zu können.

Grace
Ich erkenne Selina wieder. Diese dumme Bitch. Ich kann es gar nicht leiden, wie sie meinen Bruder ansieht. Halbbruder! Rufe ich mir selbst wieder in Erinnerung. Aber ist ja im Prinzip auch egal. Ich habe sogar das animalische Bedürfnis sie anzuknurren. Aber ich unterdrücke es und steige stattdessen in der Fahrerseite ein und starte den Motor. Ein eindeutiges Zeichen. Beweg deinen Arsch ins Auto, Bruderherz!

Isaac
Leider bin ich auch nur ein Kerl und so muss ich einfach diese Wahnsinns Figur bemerken, die man deutlich unter den Klamotten erkennen kann. Trotzdem steige ich schnell in den Wagen und mache die Türe zu. Grace fährt los und das nicht gerade sanft. Sie schießt aus der Parklücke, nimmt einem anderen die Vorfahrt, der sie wütend an hupt und tritt das Gaspedal durch. Ich werfe ihr einen Blick zu, den sie stur nach vorne schauend ignoriert. Man, sie ist wirklich noch wütender, als gedacht. "Grace." fange ich an doch sie schüttelt nur den Kopf. "Vergiss es. Lass uns raus fahren." sagt sie, und biegt in die Straße ein, die aus der Stadt führt. Ich fahre hier oft entlang. Wenn man nur lange genug fährt, kommt man in ein absolut erstklassiges Klettergebiet. Doch irgendwas sagt mir, dass sie da nicht hin will.

Grace
Ich weiß eigentlich gar nicht, was mich so wahnsinnig wütend macht. Natürlich die Tatsache, dass er mich mein ganzes Leben lang angelogen hat, über meine gesamte Existenz. Ich fühle mich verraten. Ich bin wirklich enttäuscht und verdammt wütend auf ihn. Aber das ist es nicht allein. Was ist es noch? Etwa nur die Tatsache, dass er mit dieser Verkäuferin geflirtet hat, und Selina so eindeutig nachgesehen hat? Bin ich etwa eifersüchtig? Nein. Zumindest nicht auf die Weise, die man jetzt vielleicht denken könnte. Er ist mein Bruder, egal, was unser Blut sagt. Und er wird auch immer mein Bruder bleiben. Aber es passt mir dennoch nicht, wenn er mit diesen Frauen redet. Ich biege ziemlich harsch in einen Feldweg ein, sodass der Kies spritzt und wir in eine Staubwolke gehüllt werden. Ich fahre noch etwa zwei Kilometer, ehe ich anhalte und den Motor ausschalte. dann sehe ich zu Isaac rüber. "Also?" sage ich und er zieht fragend eine Augenbraue hoch. "Was?" fragt er verwirrt. "Meine richtige Familie!" sage ich und sehe ihn dringlich an. "Wo sind sie? WER sind sie?"

Isaac
Ich seufze. Natürlich will sie das wissen. Natürlich ist sie neugierig. Aber es macht mir trotzdem etwas aus. Obwohl ich weiß, dass das vermutlich nicht passieren wird, habe ich Angst davor, dass sie ihre Sachen packt und sich sofort auf die Suche nach ihren wahren Eltern macht. Doch ich beginne trotzdem es ihr zu erzählen. Sie hat es verdient die Wahrheit zu erfahren. "Sie sind sozusagen die Herrscher über die Engel. Sowas wie Könige bei den Menschen. Aber wie auch bei den Menschen, sind nicht immer alle einverstanden, mit der Politik, die die Herrscher machen. Aber aus den normalen, kleineren Randgruppen, hat sich eine große Rebellengruppe gebildet, die aktiv gegen die Anhänger deines Vaters vorgegangen sind. Sie haben es so weit getrieben, dass Engel gestorben sind. Bei Anschlägen und Kämpfen. Bis ein richtiger Krieg daraus geworden ist. Die geschnappten Rebellen wurden von deinem Vater auf die Erde verbannt. Man nennt sie die 'gefallenen Engel'." Sie unterbricht mich. "So wie Lucifer?" fragt sie und zieht eine Augenbraue hoch. "Naja, so ähnlich. Aber er ist nochmal eine andere Baustelle." "Was, dann gibt es den wirklich?" sie ist wirklich überrascht, angesichts der Tatsache, dass sie jetzt weiß, dass es Engel gibt. Ich nicke. "Ja." "Dann gibt es auch eine Hölle?" Ich schüttle den Kopf. "Die einzige Hölle, die es gibt, ist dieser Planet." sie runzelt die Stirn und schweigt. Ich fahre fort: "Dein Vater musste sich entscheiden. Er wollte, dass du in Sicherheit bist, und der einzige Platz, der halbwegs frei von Kämpfen war, war die Erde. Auch wenn er wusste, dass er dich damit in die Hölle verbannt, hat er die Entscheidung getroffen dich zu schützen. Er hat es schweren Herzens gemacht, das ist ja klar. Er hat meine .. ich meine unsere Eltern ausgesucht dich zu begleiten und rund um die Uhr auf dich aufzupassen."


Grace
Das ist alles ein bisschen viel auf einmal. Aber ich bin froh jetzt ein wenig mehr zu wissen. Obwohl ich es immer noch nicht ganz verstehe. Doch ich frage nicht weiter nach und steige aus dem Auto aus. Ich höre Isaacs Türe und schon steht er neben mir. Er sieht mich besorgt an, und nach kurzem Schweigen sagt er: "Soll ich dir was zeigen?" ich sehe auf, nicht wirklich interessiert, bis ich sehe, dass er eine Hand ausgestreckt hat. Unter seiner Haut kann ich die Blutgefäße sehen. Sie sehen aus wie kleine, blaue Flüsse unter seiner Haut. Und dann verwandeln sie sich langsam. Sie treten ein wenig hervor und langsam, ganz langsam färben sie sich rot. So durchdringendes rot, dass der Lilastich fast vollständig verschwindet. "Was ist das?" frage ich leise und sehe ihm in sein grinsendes Gesicht. "Das Feuer." sagt er und schon erreicht die rote Farbe seine Handflächen, die nach oben zeigen. Er verzieht kurz angestrengt das Gesicht, und dann bricht etwas aus seiner Haut heraus. Es sieht weder aus wie Feuer, noch wie irgendwas, dass ich je gesehen habe. Es ist so, als könnte diese Substanz sich nicht entscheiden ob sie lieber gasförmig oder flüssig sein soll. Sie ist gefärbt wie Feuer. Mal ein wenig rot, dann wieder orange und an manchen Stellen blau. "Wow." sage ich leise und starre es mit offenem Mund an. Es ist wunderschön!

Isaac
Ihre Begeisterung ist echt süß und so tue ich ihr den gefallen und lasse das Engelsfeuer ein wenig umherwabbern. Es nimmt verschiedene Formen an, undefinierbar und sinkt dann zurück in meine Hand, wo es auf dem selben Weg verschwindet, wie es gekommen ist. Grace lächelt jetzt leicht. "Kann ich sowas auch?" fragt sie mich und ich nicke grinsend. "Klar. Deins müsste sogar noch sehr viel stärker sein. Das Blut, das durch deine Adern fließt, ist stärker als meins. Viel stärker."

Grace
Ich lächle breit und sage: "Kannst du mir zeigen, wie man das macht? Und wie man fliegt?" es ist vielleicht doch gar nicht allzu schlecht ein Engel zu sein. Ich meine, das ist doch unglaublich cool!

Grace
Isaac lacht und nickt. "Das mit dem Feuer sollten wir vielleicht nicht in einem Wald versuchen, aber fliegen können wir versuchen." sagt er und ich ziehe fragend eine Augenbraue hoch. "Du hast vermutlich ein wenig zu viel Power und du kannst sie noch nicht kontrollieren. Wir wollen keinen Waldbrand." ich sehe ihn überrascht an. Das könnte ich? Doch ich nicke. "Okay. Dann fliegen." ich konzentriere mich und dann brechen meine Flügel aus dem Rücken. "Hört das irgendwann auf weh zu tun. Oh und gibt es Klamotten die NICHT zerreisen?" Isaac lacht. "Ja gibt es und nein, es wird immer weh tun." ich seufze, war ja klar.

Isaac
Auch ich lasse meine Flügel erscheinen und bewundere insgeheim ihre. Für einen weiblichen Engel, hat sie ganz schön große Flügel. Und sie sind wirklich schön. Sie staunt auch nicht schlecht über meine und streicht leicht darüber. "Sie sind weich." grinst sie und ich nicke. "Ja, du musst sie natürlich ein wenig pflegen. Sonst werden sie stumpf und du kannst nicht mehr so schnell fliegen." sie ncikt. "Okay."

Grace
"Also, wie fliegt man?" frage ich ihn und hebe neugierig eine meiner Augenbrauen. Isaac lächelt leicht. "Mach erstmal deine Augen zu." ich runzle die Stirn, mache aber was er sagt und schließe meine Augen. "So, konzentriere dich auf jeden Muskel in deinem Körper und schließe die Flügel aus. Tu so, als würden sie nicht dazu gehören. Blende sie vollkommen aus." Ich wundere mich zwar darüber, weil ich ja meine Flügel brauche um zu fliegen, tue aber was er sagt. Es kommt mir ein wenig vor wie autogenes Training, und ein bisschen bescheuert, aber dennoch nicke ich, als ich so weit fertig bin. "Okay, gut. Jetzt konzentriere dich nur auf deine Flügel. Lass alle anderen Muskeln außer Acht." ich versuche es, auch wenn es nicht wirklich leicht ist, da die Flügel noch so neu sind. So ungewohnt. Wie ein zweites paar Arme oder so. Als ich jedoch spüre, wie diese unglaubliche Kraft in meine Flügel strömt, sobald ich den Gedanken an sie zulasse, fühlt es sich so an, als hätten sie immer schon zu mir gehört. Ich bewege sie fließend und ziehe sie näher an meinen Körper, dann breite ich sie zu voller Größe aus. "Wow." sage ich und mache die Augen wieder auf. Isaac lächelt. "Du steuerst deine Flügel natürlich mit der Kraft der Muskeln, aber ohne deinen Kopf geht gar nichts."


Isaac
Sie lernt schnell. Also beschließe ich, dass ich es riskieren kann. "Gut. Wenn du fliegen willst, musst du dich vollkommen auf eine gleichmäßige Bewegung konzentrieren. Die Kraft die du brauchst um deinen Körper in der Luft halten zu können ist enorm, und du musst das Trainieren bis zum Umfallen. Die meisten Anfänger brauchen Jahre bis sie sich auch nur fünf Minuten in der Luft halten können. Sie nickt. "Also versuchen wir es." sage ich und erläutere ihr genau, wie man vom Boden wegkommt um nicht mit den Flügeln am Boden aufzustoßen, das tut nämlich verflucht weh. Als sie es versucht, schafft sie es soweit gar nicht mal schlecht. Sie steigt sogar ein wenig höher und ist nahe den Baumwipfeln, aber dann sinkt sie wieder auf den Boden. Jedoch ist es keine Bruchlandung. Sie landet sauber auf beiden Beinen. "Nicht schlecht." nicke ich.