Apollo
Auf ihre Frage hin drehte ich mich langsam zu ihr um und setzte mich seufzend aufs Bett. > Ja und Nein. Zum einen bin ich überglücklich mit dir diese besondere Erinnerung geschaffen zu haben, aber zum anderen spüre ich das drohende Ungleichgewicht, weil meine Schwester nicht mehr unter uns Göttern wandelt. Der Mond ist seit ihrer Vermenschlichung nicht mehr erschienen und das ist nicht gut. Nicht für die Menschen und auch nicht für mich!< erklärte ich ihr ruhig, während ich meine Hände betrachtete. Noch war das Licht stark und kontrolliert, doch ich wusste, dass ich mit jedem Tag an Licht gewann. Mehr als gut war. > Artemis und ich teilen uns das Licht der Welt, so ist es erträglicher. Wenn sie nicht mehr da ist, um ihren Teil zu übernehmen, fließt ihr Licht allmählich zu mir. Wie die Musen handelt es sich um unzählige Lichtpunkte in der Atmosphäre, die wir kontrollieren können. Sie brauchen einen Halt, jemand, der ihnen sagt, was sie zu tun haben. Die Sonne ist mächtiger als der Mond, deswegen habe ich diesen Part übernommen, aber mit dem unkontrollierten Licht des Mondes werde ich wahnsinnig. Ich bin ein Gott, ja, aber auch wir haben unsere Grenzen. Deswegen teilen wir uns auch Aufgaben. Wir sind nicht allmächtig.< fuhr ich fort, meine Stimme wurde unsicher. > Ich weiß nicht, was die großen Drei planen, um das Gleichgewicht wiederherzustellen, aber es muss schnell geschehen. Mit jedem Tag fließt immer mehr Licht in mich, es brennt sich in mich hinein und verlangt nach Aufmerksamkeit. Mit dir fällt es mir leichter, es zu kontrollieren, da du ebenfalls so bist, wie ich. Doch ich kann mich nicht ewig auf dich verlassen, sonst verbrenne ich dich und das könnte ich mir nie verzeihen!< sprach ich das aus, was mir schon seit einiger Zeit durch den Kopf spukte. Die Nephilim hatten das alles gewusst und nun mussten wir zusehen, dass wir das Beste daraus machten.
Artemis
Ich lächelte breit, als sein Hirsch auf mich zukam, nur um an meinem Haar zu knabbern. Sanft streichelte ich seinen Kopf, musterte das majestätische Geweih und sah in diese wunderschönen Augen. Ich liebte die Tierwelt, so sehr ich auch die wilde Flora liebte. Das alles konnte ich aber nicht mehr zu mir rufen. Ich war von meiner Leidenschaft getrennt worden und das wurde mir in diesem Moment schmerzlich bewusst. Keine Ritte mehr auf Bären, Hirschen oder anderen großen Wesen. Keine Verwandlungen mehr, um in die Lüfte zu steigen. Kein Summen des Lebens in meinen Ohren oder der Wind, der mich an fremde Orte trug. All das war mir mitsamt meiner Stimme genommen worden.
Mein Herz wurde schwer und ich seufzte leise auf, strich weiterhin über den Kopf von Yasu. Dann trat ich zur Seite und schwang mich auf dessen Rücken. Er besaß einen kräftigen Körper, so wie Vidar, dem ich einen zaghaften Blick schenkte.