Fox
Von einem nicht weit entfernt gelegenen Hochhausdach beobachte ich wie die Polizei anrückt. Aber nicht nur das. Sogar das FBI rollt nach kurzem an. Wundern tut mich das natürlich nicht wirklich, denn die Banküberfälle müssen dem FBI auch aufgefallen sein. Ich beobachte das Geschehen durch ein Fernglas und male mir aus was der Anzugträger und seine Kollegin für ein Gesicht machen werden, wenn sie meine Zeichnung finden. Den Scherz mit dem Fuchs habe ich erst vor kurzem angefangen. Doch ich finde es ist ein nettes Detail. Als der FBI-Wagen wieder abrollt, lasse ich das Fernglas sinken und stecke es in meine Handtasche zurück. Dann drehe ich mich um und kehre dem Tatort den Rücken.
Eine paar Stunden - gegen Einbruch des Abends - später finde ich mich vor den Türen eines angesagten Nachtclubs wieder. Ich habe mein Outfit inzwischen gewechselt, da auf dem alten Rotweinflecken waren und es außerdem viel zu elegant für einen solchen Laden wäre. Außerdem habe ich noch meine Haare hochgesteckt und mein Gesicht aufwändig geschminkt, sodass ich fast nicht mehr zu erkennen bin. Ich trage jetzt ein schlichtes schwarzes, enges Kleid und Highheels. Doch sehe ich noch immer um einiges nach mehr Klasse aus als die anderen weiblichen Wesen. Der Umgebung angepasst, doch immer noch seriös. Das ist wichtig. Der Türsteher kennt mich bereits. Er ist Mitglied der russischen Maffia. Ihr gehört der Club. Ich habe schon öfters Geschäfte mit ihnen gemacht. Sie sind meine Hauptarbeitgeber. Hier ein Banküberfall, da ein Waffenschmuggel, dort ein bestochener Polizist oder Politiker. Es ist einfach die Menschen um einen herum zu kontrollieren, wenn man ihre Schwachstellen kennt. So habe ich meine Spitzel sogar in der Hauptzentrale der Polizei von Chicago. Ich habe früh im Leben gelernt, dass man nie etwas geschenkt bekommt. Also sorgte ich dafür, dass ich immer etwas einzutauschen habe. Ich kenne jede wichtige Person in New York. Jeden Maffiaboss, jeden Politiker, jeden Polizisten und jeden sonstigen Machthaber. Und sie alle besitzen Schwachstellen. Durch wochenlanges Spionieren und Beobachten finde ich diese heraus und früher oder später kann ich sie ausnutzen. Dass dabei möglicherweise auch Unschuldige verletzt werden ist mir eigentlich weitgehend egal. Ich habe noch nie einen Unschuldigen mit eigenen Händen umgebracht und sehe darin auch keinen Anreiz. Mir geht es nicht ums töten. Mir geht es darum zu überleben. Zu überleben in einer zerstörten, korrupten und anarchistischen Gesellschaft wie zivilisiert sie sich auch immer darstellt. Unter der schönen Maske lauert die hässliche Fratze der Bestechlichkeit und der Gier. Ich habe gelernt wo mein Platz in diesem Gefüge ist. Und ich bin gut darin.
"Vladimir!" nicke ich ihm zu und der öffnet die Türe für mich. "Mrs. Fox." antwortet er in schlechtem Englisch mit starkem russischen Akzent. Ich steige die Treppen hinab und biege um die Ecke. Schon auf der Treppe höre ich die laute, wummernde Musik und das Geräusch hunderter Menschen die sich unterhalten, trinken und tanzen. Eine Mischung aus dem Geruch nach Erbrochenem und Zigarettenrauch schlägt mir entgegen, doch ich verziehe keine Miene. Ich bahne mir den Weg durch den Club, vorbei an den hundert schwitzenden Leibern, vorbei an aufgebrezelten, jungen Frauen die sich möglichst aufreizend Präsentieren und den jungen Muskelpaketen die wie Marionetten um die Mädchen herumspringen um sie zu beeindrucken. Ich werfe ihnen nur einen Mitleidigen Blick zu. Sie fallen auf das Theater herein, obwohl sie es durchschauen. Wie absolut albern und unnötig all das wäre, wenn die Frauen aufhören würden sich wie Prostituierte zu kleiden, aber dann so tun als wären sie die heilige Jungfrau Maria, und die Männer anfangen würden sich wie eben solche zu verhalten. Doch so ist es, so war es und so wird es immer sein. Ich bin beinahe froh nicht teil dieses Theaters zu sein, wenn ich mir das genauer ansehe.
Als ich im Gang zu den Toiletten ankomme, gehe ich diesen entlang, bis ich vor der schwarzen Türe mit der Aufschrift 'Privat' zum stehen komme und laut klopfe. "Herein!" ertönt die tiefe Stimme von Igor, dem Boss dieses Clubs. Er ist ein hohes Tier bei der russischen Maffia und mein Arbeitgeber. Ich drücke die Klinke runter und betrete sein dreckiges, kleines Büro. "Ahh. Mrs. Fox. Ich habe sie schon erwartet." sagt Igor und offenbart bei einem breiten Grinsen seine Goldzähne. "Igor." sage ich und schließe die Türe hinter mir. Der Lärm des Clubs wird verschluckt und ist nun mehr ein Hintergrundgeräusch. "Sie liefern pünktlich, wie immer. Wo sind die Waffen?" "Sie befinden sich in einem Lieferwagen in der Gasse hinter dem Club. Ich hoffe sie verstehen wieso ich sie nicht mit hier hereingebracht habe." "Natürlich. Ich schicke Dimitri und Alexander los. Sie werden die Ware überprüfen. Kann ich ihnen ein Glas Vodka anbieten, während wir warten?" deutet er auf eine halb leere Flasche auf seinem Schreibtisch. "Gerne." nicke ich und lasse mich auf dem Stuhl vor dem dunklen Möbelstück nieder. Er holt zwei Gläser aus der Schreibtischschublade und schenkt uns beiden großzügig ein. "Auf gute Geschäfte." "Auf gute Geschäfte." erwidere ich und wir erheben die Gläser. Vorsichtshalber warte ich bis er seinen Shot getrunken hat, ehe ich mein Glas leere. Man weiß ja nie. Immerhin ist das die Maffia mit der ich Geschäfte mache. "ahh." macht er und zückt dann sein Handy um Dimitri und Alexander Bescheid zu geben. Anschließend schenkt er uns beiden wieder ein und reicht mir das Glas. Es vergehen keine zehn Minuten bis die Bürotüre aufgeht und die beiden Russen den Raum betreten. "Alles in Ordnung Sir. Ware vollständig und Einsatzbereit." "Gut... gut." sagt Igor und schickt die beiden mit einer Bewegung seiner Hand wieder weg. Irgendwie scheint er von den Neuigkeiten überrascht zu sein. Ich sehe ihn aufmerksam an und frage dann: "Igor. Sie scheinen überrascht davon zu sein. Dachten sie ich würde sie bescheißen?" "Nein. Nein, natürlich nicht Mrs. Fox. Doch habe ich Sorge gehabt. Ich..." "Ja?" hake ich nach, als er nicht weiterspricht. " "Nun..." druckst er herum und scheint sich sichtlich unwohl in seiner Haut zu fühlen. "Ich habe einen Tipp bekommen." "Einen Tipp? Von wem?" frage ich und runzle die Stirn. "ich weiß es nicht. Es war anonym. Doch die Person sagte, dass ich die Geschäfte mit ihnen einstellen sollte, da sie vorhätten mich zu bescheißen." "Das sind in der Tat beunruhigende Neuigkeiten." sage ich und versuche zu überspielen wie sehr mich diese Neuigkeit aus der Bahn wirft. "Doch ich würde mir an ihrer Stelle nicht allzu viele Sorgen machen. Solange die Geschäfte weiterhin so laufen wie bisher, bekommen wir keine Probleme. Wenn wir schon beim Thema sind. Die Bezahlung ist wie immer in Bar?" Igor scheint aus einer Art Trance zu erwachen bei dem Wort Bezahlung und er nickt. "Ja.. ja natürlich Mrs. Fox. Warten sie.." und er steht auf und holt etwas aus dem Schrank hinter ihm. Einen Geldkoffer. Er legt diesen auf den Tisch und ich öffne ihn um nachzuzählen. Anschließend klappe ich den Koffer wieder zu und nehme ihn an mich ehe ich aufstehe. "Das scheint in Ordnung zu sein." nicke ich zufrieden und leere noch mein drittes Glas Vodka. "Wie immer eine Freude mit ihnen Geschäfte zu machen Mrs. Fox." grinst Igor und hält mir die Türe zu seinem Büro auf. "Die Freude liegt ganz auf meiner Seite, Igor. Sagen sie Sill und den Kindern einen schönen Gruß." "Mach ich. Ich melde mich bei ihnen." "In Ordnung." damit verschwinde ich aus seinem Büro und verlasse kurz darauf den Club. Ich gehe eine Querstraße weiter ehe ich in eines der Autos die am Straßenrand stehen aufbreche und zum laufen bringe in dem ich die Kabel heraushole und daran herumspiele. Ich fahre mit quietschenden Reifen raus aus diesem Elenden Maffiaviertel. Der Besitzer dieses alten, rostigen Autos wird zu betrunken oder zu high sein um zu merken dass es fehlt. Und wenn er es dann tut, werde ich es schon wieder entsorgt haben.
Ich halte zwei Querstraßen von dem Hotel entfernt, welches im Moment mein Zuhause ist und packe das gesamte Geld aus dem Geldkoffer in meine Handtasche. Dann steige ich aus und mische mich unter die Menschen, die die durchaus belebte Straße entlang gehen auf dem Weg in eine Nacht voller Abenteuer oder den verdienten Feierabend. Das noble Hotel in welchem ich residiere ist eines der schicksten von ganz Chicago. Dementsprechend teuer ist es. Doch zum Glück kennt mich der Besitzer gut und schuldet mir einen großen Gefallen. Es gibt keinen Eintrag darüber, dass ich hier bin. Ich habe eine der teuersten Suites doch offiziell wohnt im Moment eine Mrs. Greenberg darin. Ich betrete die Lobby die voller Geschäftsleuten und Milliardären ist und gehe in die Hoteleigene Bar. Jetzt habe ich auch Feierabend. Und den habe ich mir auch verdient.
Offene Arme der gewaltigste Protest den wir haben, will sagen: Bevor noch jemand hinfällt, passt bitte aufeinander auf in dieser scheiß Welt!
Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von »Aeni« (02.04.2016, 15:28)