Hehe
Jap, können wir machen
ein halbes Jahr später...
Illya
Seufzend sah ich aus dem kleinen Flugzeugfenster hinaus aufs Meer, das unter uns funkelte. Mal wieder musste ich ins Ausland, um einige Meetings mit wichtigen Führungspersonen zu führen, aber das gehörte eben zu meinem Job. Und ich liebte ihn, auch wenn ich manchmal keine Lust hatte, um fünf morgens aufzustehen und zehn Stunden im Flieger zu hocken. Doch auch das gehörte dazu und daran war ich längst gewöhnt.
An was ich nicht gewöhnt war: Enyas Abwesenheit. Selbst nach einem halben Jahr vermisste ich sie noch stärker als zuvor. Sie nicht bei mir zu haben, fühlte sich dermaßen merkwürdig an, dass ich Tage hatte, wo ich einfach nur allein sein wollte. Obwohl ich ja eher der gesellige Typ war... Ich vermisste sie so sehr, dass ich unbewusst jede Sekunde an sie dachte. Jeden Tag betete ich sogar für sie, denn mir war es wichtig, dass sie sich selbst fand. Dass sie an neuer Stärke gewann, die sie in Zukunft brauchte. Ich verstand nach wie vor, dass sie sich reparieren musste, aber warum ein Jahr lang? Ich schüttelte über mich selbst den Kopf. Da war er wieder... der egoistische Teil von mir.
Ich sah auf meine Uhr und seufzte erneut. Noch fünf Stunden bis nach New York. In dieser Stadt war so viel los, seitdem die Festspiele eine neue Wendung genommen hatten. Enya und Luana hatten mächtig Eindruck hinterlassen. Viele Sterbliche und auch Himmelswesen hatten sich fest dazu entschlossen, dem ganzen Mist ein Ende zu bereiten, was Sergio und mir sofort in die Hände gespielt hatte. Wir arbeiteten daran, die Welt friedlicher zu gestalten, aber natürlich gab es Leute, die sich ständig widersetzten. Dunkelwesen zum Beispiel, wobei es auch da schon Unterschiede gab. Manche Familien wollten eben auch nicht, dass ihre Nachfahren sinnlos starben.
Außerdem hatte ich in diesem halben Jahr eine weitere Errungenschaft erlangt. Endlich hatte ich ein Mittel. dass Enya erlaubte, Kinder zu bekommen. Sie wusste nichts davon und ich würde es ihr auch erst sagen, wenn sie wieder bei mir war. Bei allen Himmeln, ich vermisste sie so sehr, dass ich keine Ahnung hatte, wie ich das nächste halbe Jahr überleben sollte... Und wieder waren meine Gedanken abgedriftet. Wie so oft in den letzten Monaten.
Luana
Ich schloss die Augen, atmete die reine Luft ein und ließ mich mit ausgebreiteten Armen einfach fallen. Der Wind trug mich fort, umschmeichelte mich. Dann ertönte das vertraute Wiehern in meinem Kopf, ehe es Gestalt annahm und ich kurz darauf einen warmen Rücken unter meinen Schenkeln zu spüren bekam. Der Pegasus, mein Gefährte, war stets an meiner Seite. Wir hatten miteinander trainiert, waren zusammen gewachsen und hatten Kräfte entfesselt, die in der Arena sogar noch verborgen geblieben waren. Aber hier, hier in der unendlichen Weite der schottischen Landschaft war ich so frei wie nie zuvor.
Enya und ich waren viel gereist. Wir hatten Kulturen gesehen, die wir zuvor nur aus Filmen und Büchern gekannt hatten. Die gesamte Erdbevölkerung war so spannend, dass ich fast Lust bekommen hatte, selbst ein Buch zu schreiben. Über all meine Eindrücke, meine Erlebnisse, meine neuen Erfahrungen. Doch das Schreiben beschränkte sich nur auf die Briefe, die ich Sergio monatlich schrieb. Wie versprochen verpasste ich nicht den Moment des Absendens.
Ich vermisste ihn.
Aber noch war ich nicht bereit zurückzukehren. Ich wollte mehr sehen, mehr entdecken und weiter wachsen. Enya und ich hatten sogar mehr über unseren Vater herausfinden können, denn er hatte sich manchmal überraschenderweise in unseren Träumen sehen lassen. Als helle, blendende Gestalt mit augenbesetzten Flügeln. Seine Stimme war mir jetzt schon sehr vertraut, weshalb ich es schade fand, dass er sich uns bisher nicht real präsentiert hatte.
Naja, vielleicht ergab sich noch eine Gelegenheit. Viel wichtiger war es nun, die Reise fortzusetzen.