Illya
Natürlich bemerkte ich das Verschwinden von Enya, aber ich regte mich nicht, sondern blieb weiterhin liegen. Ich war noch zu müde, weil ich mich den gestrigen Tag beim Training fast verausgabt hatte, um auch selbst an meine Grenzen zu stoßen. Natürlich nicht vor den Augen aller, sondern im Trainingsraum. Es war gut, wenn man die Asse im Ärmel fern von fremden Blicken trainierte, denn kannten sie diese Stärken nicht und konnten damit überrascht werden. Enya hatte ich natürlich in die ein oder andere Kampfkunst eingewiesen und sie schlug sich sehr gut. Ihre Fortschritte ließen sich sehen, auch wenn ihre nächtlichen Besuche etwas in mir regten, was ich die ganze Zeit schon erfolgreich verdrängte.
Heute würde mein Vater auftauchen, um Enya genaustens unter die Lupe zu nehmen und ich hoffte, dass er zufrieden wieder gehen würde. Enya war eine verdammt gute Waffe, das bewies sie jeden Tag. Ihre Hacker-Qualitäten waren umwerfend, sie spielte eindeutig in der höheren Liga. Auch das mit dem Schreibunterricht machte mir Spaß und sie lernte zudem mehr dazu, was mich insgeheim freute.
Seufzend richtete ich mich auf, fuhr mir durchs Haar und beschloss mich zu rasieren. Ich wollte ungern wie ein waschechter Bär aussehen, also war das meine erste morgendliche Handlung an diesem Tag.
Luana
Eine Woche. Seit dem Vorfall auf dem Dach war eine Woche vergangen und wieder einmal fragte ich mich, wieso die Zeit so schnell verging. Wegen der Routine? Dem Training und der langweiligen Theorie? Ich wusste es nicht, also gab ich es auf, mich das wiederholt zu fragen.
Stattdessen stand ich auf, machte mich fertig und ging nach oben in die Küche. Auf dem Weg traf ich auf Sergio, der allem Anschein nach duschen gehen wollte.
Morgen, meinte ich knapp und ging dann selbst ins Bad, weil ich mein Gesicht waschen wollte, bevor ich in die Küche ging. Ausnahmsweise würde ich alles vorbereiten, da es nicht allzu schwer war, all die wichtigen Zutaten aus den Schränken zu holen und auf den Tisch zu stellen. Und da niemand gerade Zeit hatte, erledigte ich das eben. Natürlich war mir klar, dass das völlig untypisch für mich war, aber ich hatte es satt, mich dagegen zu sträuben. Vielmehr wollte ich die 15 Verdächtigen aufsuchen und sie ausquetschen. Seit dem Vorfall war nichts Schlimmes mehr geschehen, aber ich spürte, dass etwas Dunkles über uns wachte und auf den richtigen Moment wartete.
So, muss dann leider off gehen, wünsche dir einen schönen Abend