So, bin dann off, schönen Abend dir noch
Illya
Irgendwann hatte ich genug, aber die negativen Gefühle waren immer noch nicht fort. Auch dann nicht, als ich spürte, dass Enya wieder da war. Schwer atmend drehte ich mich zum Spiegel.
Ich sah mich selbst und doch irgendwie nicht. Die letzten Jahre hatten mich gezeichnet, sowohl mein Äußeres als auch mein Innenleben. Die seelischen Wunden waren jedoch schlimmer. Das Aussehen ließ sich einfacher reparieren, aber wenn in einem etwas gebrochen war, dann vermochte nicht einmal die Zeit es endgültig zu heilen.
Ich schluckte den dicken Kloß in meinem Hals hinunter. Dunyas Worte krochen an die Oberfläche, verdrängten alles andere. Dunklere Zeiten warteten auf uns. Was heute passiert war, war nur ein Vorgeschmack gewesen und ich wollte nicht wissen, was man noch für uns geplant hatte. Ich würde Kräfte freisetzen müssen, die ich eigentlich im Verborgenen halten wollte. Sie gehörten zum dunklen Teil meines Selbst. Das, was einst ein Dämon in mir gepflanzt hatte und nun unwiderruflich zu mir gehörte. Es floss in meinem Blut, schwarze Flammen. Ein starker Kontrast zu meinem hellen Numen. Damals hatte mein Vater alles versucht, um die Schwärze zu vertreiben, aber nichts hatte geholfen. Er hätte mich töten müssen.
Heute lebte ich damit, aber in Zeiten wie diesen, wenn die negativen Gefühle mich übermannten, spürte ich die Schatten, die mir Dinge zuflüsterten, die ein Himmelswesen nie denken würde. Und ich hörte sie wieder. Sie verlangten nach Zerstörung, wollten freigelassen werden.
Meine linke Hand begann unangenehm zu brennen, als würde ich sie in kochendes Wasser halten und ganz langsam drückte sich das schwarze Sigel gegen die Haut an meinem Handrücken. Das Brennen wurde stärker, brachte mein Blut zum Kochen. Ich umfasste mit der 'gesunden' Hand das flammende Handgelenk und presste die Luft zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. Das Herz schlug mir bis zum Hals, als die Haut der Handinnenfläche aufplatzte und dunkles Blut zu Boden tropfte. So fing es immer an. Dämonen waren widerliche Wesen, die alles mit Blut besiegelten und ich hasste dieses ekelhafte Gefühl in mir, das mich dabei jedes Mal durchflutete. Meine Atmung wurde schneller, Schweiß bildete sich auf meiner Stirn, als ich in die Hocke ging und um Fassung bemüht war.
Die Sicht vor meinen Augen verschwamm, als sich mehr Tropfen zu den anderen gesellten und ein Zischen von sich gaben. Um zu verhindern, dass ich dem Flüstern der Schatten nachgab, musste ich dringend das Bewusstsein verlieren, also hielt ich die Luft an. Oft genug hatte ich das in der Vergangenheit getan.
Luana
Wie immer bekam ich nicht viel mit, obwohl ich zuhörte und auch hinsah, aber meine Gedanken waren eben ganz wo anders. Erst als Sergio mein Bein drückte, blinzelte ich und sah ihn kurz an. Er wirkte ebenfalls nachdenklich, doch die Geste sollte wohl bedeuten, dass dennoch alles in Ordnung war. Naja, ich hoffte, dass diese schwarzen Wolken über unseren Köpfen verschwand, weil sie mich extrem nervten, also erwiderte ich den Druck mit meiner Hand und richtete den Blick wieder nach vorne.