Illya
Ah, das also hatte Luana dazu bewegt, hierher zu kommen. Es hätte mich gewundert, wäre sie aus freien Stücken mitgekommen. Zugegeben, ein schlechter Handel war es nicht, denn auch ich war der Meinung, dass die Einrichtung geschlossen werden musste. Was die dort trieben, war unmenschlich und ethisch nicht vertretbar. Man brauchte sich nur anzusehen, in welchem Zustand die 'Experimente' verkauft wurden. Enya und Luana hatten keinerlei Umgang mit anderen Menschen, vertrauten niemandem und strahlten radioaktiv Distanz aus. > Ich bin völlig deiner Meinung, Enya hat auch gewollt, dass mehr in die Kinderheime investiert werden soll und dass somit das Abkaufen von Kindern verhindert wird. Aber dass unsere Macht begrenzt ist, stimmt auch. Wir werden uns mit unseren Vätern auseinandersetzen müssen, denn wenn jemand gute Kontakte hat, dann sie. Und wir werden auch mit vielen anderen Freunden sprechen müssen, um endlich was zu bewegen.<
Ich war dabei noch etwas zu sagen, da vernahm ich das verräterische Kribbeln an meinem Nacken - ein schlechtes Zeichen. > Enya..< fluchte ich ungehalten und eilte aus dem Studio, die Treppen runter direkt in ihr Zimmer. Sie war nicht da, aber ich spürte, dass sie in der Nähe war. Ich ging ans Fenster und entdeckte sie unter einem Baum. Wie zum Himmel... Sie hatte doch nicht...
Ich riss das Fenster auf und lehnte mich vor, zischte: > Enya, es ist verdammt nochmal nicht die richtige Zeit, um das Teleportieren zu üben. Du darfst nicht allein raus und das weißt du. Komm wieder nach oben, bevor dich jemand sieht und wir gleich am ersten Tag Ärger bekommen. <
Luana
Erst als ich eine schnelle Bewegung aus dem Augenwinkel bemerkte, hörte ich mit dem Seilspringen auf und erwischte den Russen dabei, wie er die Treppen in Sekundenschnelle hinunterraste. War irgendwas passiert? Ich legte das Seil zurück in die Kiste, fuhr mir mit dem Handrücken über die schweißnasse Stirn und ging ebenso nach unten. Sah, dass die Fünf fehlte und dass der Russe das Fenster geöffnet hatte, um vermutlich mit der Entflohenen zu sprechen. Nicht schlecht, sie hatte es also geschafft diesen Käfig aus eigener Kraft zu verlassen.
Völlig desinteressiert kehrte ich in mein eigenes Zimmer zurück, suchte frische Sachen aus und machte mich wieder auf den Weg nach oben, weil ich noch duschen wollte. Wer, welche Probleme hatte, war mir piepegal. Ich fand es sogar ganz witzig. Die Tür des Bades schloss ich hinter mir zu, dann entkleidete ich mich und stieg unter die Dusche, die genauso wie im Hotel, sehr luxuriös ausgestattet. Na immerhin etwas Gutes, was dieses Gefängnis zu bieten hatte.