Holly:
"Nein Holly, das ist doch total falsch." - bemerkte Zack und beugte sich über den Tisch, um mir aufzuzeigen, wo ich den grundlegenden Fehler gemacht hatte. "Hier musst du ansetzen." - fügte er noch hinzu und sein Zeigefinger landete ganz am Anfang der Aufgabe. Ich seufzte nur und radierte die halbe Seite in meinem Heft aus, an der ich bereits seit zehn Minuten gearbeitet hatte. Zum xten Mal musste ich eingestehen, dass ich anscheinend nicht fürs Jura geeignet war.
Mein Blick fiel auf die Uhr an meinem Handgelenk und meine Augen wurden ganz groß. In 10 Minuten hatte ich das Treffen mit Tilly und Mama.
"Ich muss los." - verkündete ich und packte eiligst die Schreibutensilien in meine Tasche, bevor ich sie um die Schulter hängte. Ich verabschiedete ich mich von Zack und lief raus zur Bushaltestelle, wo der Bus bereits stand.
Schweratmend ließ ich mich auf einen Sitz fallen und strich mir eine Strähne aus dem erhitzen Gesicht. An der dritten Station stieg ich aus und lief zum Restaurant, wo ich mit den dreien verabredet war. Mein Herz rutschte mir in die Hose, als ich Mom und Tilly an einem Tisch entdeckte. Allerdings war ich auch etwas erleichtert, weil von Ruby nichts zu sehen war.
"Hallo." - begrüßte ich die beiden und setzte mich auf den freien Stuhl.
"Hallo Schatz." - entgegnete meine Mutter und lächelte mich an. "Wir haben uns schon etwas zu trinken bestellt." - ließ sie mich wissen. Tilly sah mich nicht mal an. Ihr Blick war starr auf die dicke Mappe vor ihr gerichtet. Sie runzelte die Stirn und brabbelte etwas vor sich hin. "Sie überdenkt den Sitzplan, da du jetzt auch mit Partner kommst." - verriet mir meine Mutter im leisen Ton und ich merkte sofort, wie mir jegliche Farbe aus dem Gesicht wich. Nur wegen meiner Lüge machte sich meine Schwester so verrückt.
"Also..." - stotterte ich. "Ich werde doch alleine kommen." - sagte ich und lächelte Tilly schuldbewusst an.
"Was?" - mit offenem Mund sah mich Tilly an. "Was soll das heißen?" - in ihrer Stimme vernahm ich eine genervte Note.
"Evan und ich sind nicht zusammen und ich komme alleine." - erklärte ich leise und sah auf den Tisch, betrachtete die kleinen Krümmel darauf, als gäbe es nichts wichtigeres.
"Was hast du angestellt? Hast du ihn zu sehr unter Druck gesetzt?" - klingte sich meine Mutter in das Gespräch ein.
"Nein." - sagte ich nur und fühlte die Wut immer größer in meinem Inneren werden.
"Hast du ihn schlecht behandelt? Manchmal neigst du dazu, die Menschen vor den Kopf zu stoßen." - sagte meine Mutter und ich warf ihr nun einen vernichtenden Blick zu.
"Nein, Mom. Evan und ich sind nur Freund und wir waren nie zusammen gewesen." - gestand ich die Lüge und alle beide sahen mich fassungslos an.
"Aber du hast doch gesagt ..." - meinte meine Mutter.
"Ich weiß. Ich habe gelogen."
"Holly, warum tust du so etwas?" - in der Stimme meiner Schwester hörte ich neben dem Vorwurf auch Hämme. Aber vielleicht hatte ich es mir auch eingebildete, weil ich im Moment einfach nur wütend auf die beiden war.
"Warum?" - ich sprang auf und funkelte eine nach einander böse an. "Weil ihr mich unter Druck setzt, weil ich ja soooo alt bin und noch keinen Freund habe." - gestand ich den beiden.
"Das ist doch kein Grund." - sagte Tilly.
"Oh doch und weil ihr mir das Gefühl gebt, eine Versagerin zu sein." - sagte ich noch und meine Augen begannen zu brennen. "Ich gehe am besten." - meinte ich nur und nahm meine Tasche.
"Aber wir haben noch gar nichts besprochen." - rief mir meine Schwester hinterher.
"Meinen Platz kannst du auch neu besetzen. Ich komme nicht." - warf ich noch über die Schulter und verließ das Lokal.
Draußen atmete ich tief durch und schloss für einen kurzen Augenblick die Augen. Dann ging ich an die Haltestellte und fuhr mit dem nächsten Bus zur Kletterhalle.