Tana
Je näher wir diesem Ort kamen, an dem das Übel stattgefunden hatte, desto mehr verspannte ich mich. Die Bilder wurden wieder lebhafter. Ich erinnerte mich an diese schwarzen Augen, an diese vielen Schatten, die nach mir gegriffen hatten. Ich musste all meine Willenskraft aufbringen, um nicht sofort kehr zu machen und abzuhauen. Normalerweise war das nicht meine Art, aber was ich gesehen hatte, war nicht leicht zu verdauen gewesen. Ich war immer noch dabei das ein oder andere zu schlucken.
Alvaro
Das war also ihr Problem. Weil ich nicht mehr über intime Dinge sprach. Ich erinnerte mich an den ein oder anderen Moment, in dem ich mich ihr offenbart hatte, aber dabei war es immer um meine Vergangenheit gegangen, nie um meine Zukunft. Darin bestand der Unterschied im Heute.
> Ich weiß, dass du schnell eine Entscheidung treffen musstest und ich weiß auch, dass das nicht einfach war, aber nur weil du denkst, es wäre nur gerecht, wenn ich auch so schnell einen Entschluss fassen würde, heißt das nicht, dass du mich anzicken darfst. Gerade du mit dem Fluchtinstinkt müsstest doch am besten wissen, wie beschissen es ist, unter Druck gesetzt zu werden. Und du hast das mit mir gemacht. Du hast mir nicht die Zeit geben wollen, um die ich dich gebeten habe. Stattdessen hast du darauf bestanden, es sofort zu klären, obwohl ich nicht dazu bereit war. Das ist mir gegen den Strich gegangen.< erwiderte ich meine Sicht der Dinge in einem ruhigen Tonfall. Wenn sie nicht aufbrauste, dann ich auch nicht.
> Und was das Reden betrifft... Das ist und bleibt nicht einfach für mich. Damals erzählte ich dir nur Dinge aus meiner Vergangenheit. Dinge, die schon passiert sind. Aber Dinge, die erst noch geschehen müssen... Über die rede ich nicht, weil ich darauf keinen Einfluss habe. Ich kann dir weder versichern, ob es ein Morgen überhaupt geben wird noch dir das Versprechen geben, ob ich ein guter Vater sein kann. Ich hasse es über die Zukunft nachzudenken, Thekla. Ich kann das einfach nicht. Als Vollstrecker lernt man, nicht an das Morgen, sondern an das Heute zu denken, weil der nächste Auftrag der letzte sein könnte. Und die Vorstellung Kinder in die Welt zu setzen, glich einer Geschichte. Ich glaubte nicht daran, zumal ich ja eigentlich zeugungsunfähig bin.< fuhr ich fort und stieß einen gedehnten Seufzer aus. Ich mochte es immer noch nicht, über all das zu sprechen, aber weil ihr das so wichtig war, musste ich das wohl hinter mich bringen.
> Verstehst du jetzt besser, warum ich nicht gern darüber rede? Lieber verschanze ich mich in Gedanken und suche nach der besten Lösung. Wenn ich sie habe, rücke ich damit heraus. Ich verstehe einfach nicht, warum dich das auf einmal so extrem stört.< Das mit den Hormonen ließ ich lieber weg. Man fragte Frauen auch nicht nach dem Alter. Und auch nicht nach dem Gewicht. Und auch nicht, ob sie ihre Tage hatten.