Tana
Allmählich verlor ich den Halt zur Realität, denn die Schwärze in meinem Inneren trübte meinen Verstand. Ich fühlte mich... high. Wieder torkelte ich einen Schritt nach hinten, fing mich jedoch wieder, weil ich noch nicht fertig war. Das Loch blieb aktiv. Ich musste noch mehr Sünden verschlingen, mehr und mehr.
Ich schluckte, gab mir einen Moment, ehe ich wieder den Mund aufmachte und die zweite Runde einläutete. Schwindel machte sich in meinem Kopf bemerkbar. Ich musste mich etwas breitbeiniger hinstellen, um mein Gleichgewicht zu halten, während mein Körper gegen die Kälte ankämpfte, die einen gewissen Grad erreicht hatte, der auch mir schaden konnte. Dennoch gab ich nicht auf. Ich würde das hier durchziehen. Kein Wenn und Aber.
Alvaro
Es war nicht der mächtig aussehende Dämon im Anzug, der mich wüst fluchen ließ, sondern der Mann im weißen Kittel, der hinter ihm stand und von zwei anderen Anzugträgern flankiert wurde. Was zur Hölle hatte Dr. Wilson in diesem Chaos zu suchen? Er hatte nie die Labore verlassen, so hatte man sich das jedenfalls gesagt und nun stand er hier. Düstere, kalte Farben umgaben ihn, genauso wie die anderen. Die des lachenden Dämons war komplett schwarz. Schwärzer ging gar nicht. Nicht ein Hauch von Farbe haftete an ihm und das machte ihn extrem gefährlich, weil mir dadurch seine Schwächen verborgen blieben.
Elin wirkte ebenfalls alarmiert. Sie hatte ein ungutes Gefühl bei der Sache. Wenn ich es nicht besser wüsste, war der Kerl ein Fürst der Hölle und er hatte es irgendwie an die Oberfläche geschafft. Besorgniserregend. Das dürfte eigentlich nicht sein.
Plötzlich richtete der Dämon den Blick in den Himmel und entdeckte uns. Selbst von hier oben konnte ich das diabolische Lächeln auf seinen Lippen sehen. Dr. Wilson lächelte ebenfalls. Mir lief es kalt den Rücken runter. Wie ich diesen Mann hasste. Sollte er mit der Hölle unter einer Decke stecken, dann... würde ich ihn töten. So oder so hatte ich das vorgehabt.
> Sieh einer an, wir kriegen Besuch. Ein Weltenwächter. Wie nett. So einen wie dich habe ich in meinem gesamten Leben nicht getroffen und ich lebe schon ziemlich lange. Man sagte mir, du seist sehr mächtig und ich sehe, du hast deine Gefährtin bei dir. Ein Drache. Ebenfalls eine Seltenheit.< Der Dämon wirkte sehr interessiert, seine dunklen Augen musterten uns intensiv.
Elin landete auf dem gegenüberliegenden Dach. Ich blieb auf ihr sitzen und rief die Lanze aus Obsidian in meine Hand. Diesem Kerl traute ich nicht über den Weg. Ich war noch nie einem Fürsten der Hölle begegnet, wusste aber, dass sie unglaublich stark waren. Eher so das Kaliber von den Sacharows. Allerdings hatte sich das Blatt gewendet. Jetzt war ich nicht bloß ein Mensch, sondern viel mehr als das. Meine Chancen gingen demnach nicht gegen Null.
> Wird das jetzt eine Kennenlernrunde oder kommen wir gleich zu dem Part, wo Blut fließt?< wollte ich wissen und umfasste meine Waffe etwas fester.
Wieder lachte dieser Dämon. Es war ein erschaudernder Klang. > Bist du denn gar nicht neugierig, warum wir hier sind? Warum wir nicht direkt in das Geschehen eingreifen? Ich könnte allein mit einem Fingerschnipsen, einigen Menschen das Hirn wegpusten, einfach so.<
> Aha, schön. Das ist nichts Neues, sowas sieht man auch im Fernsehen.<
> Das Fernsehen, soso. Wie gehen diese Filme denn aus?< erwiderte der Fürst und nahm eine völlig entspannte Haltung ein, was bei mir den gegenteiligen Effekt hatte. Meine Muskeln waren bis zum Zerreißen angespannt. So auch bei Elin.
Ich dachte über die Frage nach, zuckte mit den Schultern. > Unterschiedlich. Meistens gewinnt das Gute.<
> Glaubst du, dass wir uns gerade in einem Film mit einem guten oder einem schlechten Ende befinden?<
> Das wird sich noch zeigen.< antwortete ich sofort und kniff die Augen zusammen. Mir war klar, dass der Kerl dieses Gespräch führte, um sich selbst zu amüsieren. Ich war aber nicht hier, um Small Talk zu führen. Ich war hier, um Mistkerle wie ihn zurück in die Hölle zu schicken.
Der Fürst hob eine Hand, als er sah, dass ich dabei war, den ersten Angriff zu starten. > Einen Moment noch. Ich möchte dir nur kurz Dr. Wilson vorstellen. Er sagte mir bereits, dass ihr euch das ein oder andere Mal getroffen habt, aber du weißt sicherlich nicht, warum diese besonderen Treffen stattfanden. Oder?<
> Spielt das jetzt noch eine Rolle?<
Wieder dieses dunkle Lachen. > Oh ja, und wie. Du wirst auf jeden Fall deine Rolle spielen, Weltenwächter.<