Thekla
Ich speicherte die Nummern ab und fügte sie in die erstellte Gruppe. "Ich verziehe mich auch", folgte ich sogleich Tana und statt nach unten zum Ausgang zu gehen, lief ich den rechten Gang entlang. Es kam sogleich eine Kurve und schon stand ich vor den Bürotür von Faith. Ich klopfte an, erst als sie mich hereinbat, trat ich ein. "Hallo Thekla", begrüßte mich die blondhaarige Freundin von Marlin. "Hallo, ich bin bereit", sagte ich und zog sogleich mein kastanienbraunes Pullover aus. Dann drehte ich den Stuhl so um, sodass ich "falsch" auf dem Stuhl saß und meine Arme stützen sich auf der Rückenlehne. Mein Haar fiel seitlich wie ein rotes Wasserfall über die Schulter. Die Engelsfrau stand auf und umrundete ihren Computertisch. "Es sieht entzündet aus, es haben sich ein paar Eitern gebildet. Bist du dir sicher, dass ich die Rune erneuern soll? Du scheinst das nicht gut zu vertragen", hörte ich sie hinter mir sagen. "Mach es", verlangte ich es von ihr. "Na gut, aber dann gehe bitte zu einem Facharzt, damit er die Entzündungen behandeln kann", bat sie. Als ob ich zu einem Arzt gehen würde. Ihre kühle Finger berührte die erhitzte Stelle und ich biss mir auf die Unterlippe, als der Schmerz unter der Berührung aufglühte. Murmelnde Worte erfüllte den Raum, die Sprache der Engel und ich spürte, wie ihre Aura leuchtender wurde. Glühende Hitze brannte sich durch mein Rücken hinein, mein Biest brüllte in den inneren Gefängnis auf und biss vor Schmerz in sein eigenes Bein. Ich nahm nicht wahr, dass ich selbst in meinem Arm biss, erst als ich mein eigenes Blut in den Mund schmecken konnte. Ich atmete schwer, mein Blick war verschwommen und das Deckenlicht wirkte viel zu grell. Mein Körper zitterte. "Thekla?", ich erblickte unklar ein Gesicht vor mir und blinzelte sie benommen an: "Alles okay. Wieviel kostet es?" "Diesmal kostet es nicht, ich werde dir nicht mehr den Bann erneuern. Es tut dir nicht gut und scheint tiefer in dir gegraben zu haben, ich weiß nicht was beim nächstes Mal passiert. Es könnte für dich nicht so gut ausgehen. Und das ist es nicht wert. Ich bin beeindruckt, dass du wirklich versucht der menschliche Gesellschaft anzupassen, um ihnen deinen Friedensangebot zu zeigen. Aber es gibt auch einen anderen Weg, du kannst ihnen beweisen, dass du eine gute Halbdämonin bist. Du muss dich nicht wegen ihnen verstellen und solche Schmerzen auf dich nehmen." Wenn sie den wahren Grund wüsste, würde sie das nicht sagen und mir wahrscheinlich noch mehr von diesen Runen verpassen oder mich vielleicht töten lassen. "Lass das meine Sache sein und wenn du es nicht mehr machst, suche ich mir eben einen anderen Engel. Davon gibt es genug", meinte ich und griff nach meinem Pullover, nachdem sie mir den Arm verbunden hatte. Mein Rücken zog sich zusammen, als der Stoff die empfindliche Stelle berührte und wankend stand ich auf. "Du solltest nicht in diesem Zustand allein gehen oder fahren, soll ich für dich Jemanden anrufen oder Marlin Bescheid geben?", sie griff nach meinem Arm. "Es geht schon, ich bin nicht aus Zucker", ich schüttelte ihre Hand von meinem Arm ab. "Du bist weiß wie eine Wand", ihre blaue Augen sahen besorgt aus. "Ich habe schon immer eine helle Haut gehabt. Also ich gehe dann mal, tschüss", ich versuchte entspannt zu wirken, obwohl mir in Wirklichkeit kotzübel war. Ich ging wieder in den Gang, das Licht war mir immer noch zu grell und mein Rücken schien wie ein Herzschlag zu pulsieren. Diesmal war es heftiger gewesen. Ich kramte in meiner Tasche herum und fand tatsächlich eine Sonnenbrille. Eine Zigarette und Schlaf, dann war ich morgen bestimmt wieder auf die Beine. Ich erreichte meinen Space-Bike und setzte mich darauf, schweratmend zündete ich mir eine Zigarette an.
Naveen
Auch mich hielt nicht länger in diesem Raum auf, das Durcheinander der Bilder und Artikeln machten mich innerlich unruhig. Sie waren nicht richtig sortiert. "Guten Tag", verabschiedete ich mich, wie es die Höflichkeitsform verlangte. Ich warf einen Blick auf meine Uhr und rechnete mir die Zeit aus. Ich würde es schaffen um 15 Uhr meinen finnischen Blaubeerkuchen zu verspeisen. Der Kuchenladen - Cake from the World - war von hier aus nicht weit entfernt. Sie bot beinahe von jedem Land eine Spezialität an, beziehungsweise den jeweiligen beliebten und traditionellen Kuchen. Zu meinem Glück vertrat die finnische Spezialität den Blaubeerkuchen aus Kermaviili (finnischer Sauermilch, kann wie als Creme Frâiche oder Quark angewendet werden). Draußen hatten sich die Wolken zusammengebraut und ich erinnerte mich, dass in den Wetternachricht stand, es würde heute am späten Nachmittag regnen. Das war in Schottland nicht unüblich. Nach 17 Minuten erreichte ich den Kuchenladen, der auch einen Café besaß und ich saß selten in solche Orte, da es mir unangenehm war unter viele Personen zu sein. Überall hörte ich Stimmen, zügelloses Gelächter und das Klappern von Gabeln. Stühle wurden gerückt und Kellnern huschten umher. Nichts wirkte stimmig und hier schien keine Ordnung zu existieren. Tief atmete ich ein, ich wollte mein 15 Uhr - Kuchen haben. Normalerweise bestellte meine Assistentin Miss Wilson jeden Montag einen ganzen Blaubeerkuchen und holte ihn pünktlich ab, bis auf einen Stück fror sie ihn in unsere Küche ein und ich hatte so jeden Tag meinen Kuchen. Aber heute hatte meinen Tag keine geordneten Rhythmus gehabt. Ich entdeckte einen akzeptablen Platz. Es war am Fenster und ich hatte gleichzeitig den Blick zur Tür und Innenraum. Außerdem war er etwas entfernt von den Gästen. Das unverhohlene Starren ignorierte ich und steuerte auf meinem erkorener Platz zu. Der Tisch stand nicht gerade, ich zog mein Augenbraue zusammen und rückte ihn erstmal zurecht. Dann musterte ich eingehend den Stuhl, er war passabel. Jetzt konnte ich mich hinsetzen und wartete geduldig ab. Eine Kellnerin erschien: "Hallo, was darf es sein?" Sie hielt einen Mini-Tablet in ihrer Hand fest. "Ein Stück finnischer Blaubeerkuchen. Es muss goldbraun sein, also nicht zu dunkel und nicht zu hell. Die Beeren dürfen nicht schrumpelig aussehen und keine Sahne! Die Spitze darf nicht abgebrochen sein und der Kuchen soll lauwarm sein. Dazu hätte ich einen schwarzen Tee mit Schuss Milch, also genau 1 TL von den getrocknete Teeblätter und 5 Minuten ziehen lassen, dann die Teeblätter entfernen. Keine Krümmel! Und die Milch nur 50 ml und vorher anwärmen, kalten Tee schmeckt mir nicht. Der Tee soll übrigens nicht heiß sein, aber auch nicht lauwarm. Sondern Mundwarm. Und kein Zucker! Danke, das wäre es." Die Kellnerin starrte mich einen Moment an und missbilligend sagte ich: "Es ist unhöflich Jemanden anzustarren." Sie schüttelte den Kopf: "Noch irgendwelche Extra-Wünsche?" "Das Geschirr sollte zusammenpassen und ich hätte gerne zwei saubere Servietten", antwortete ich darauf.