Tana
Ich schaute Thekla nach und fragte mich, was sie wieder aus der Fassung gebracht hatte. Vermutlich Alvaro, denn das war zurzeit ein sehr sensibles Thema. Da ich noch ein Bad nehmen wollte, ging ich nicht ins Schlafzimmer, sondern folgte Naveen und sah dabei zu, wie er Wasser in die Wanne laufen ließ.
Aus dem Wohnzimmer war keine Veränderung zu spüren. Der Mann schlief immer noch tief und fest. Er brauchte jetzt die Ruhe. Ihm war wirkliches Schlimmes widerfahren. > Danke, ab jetzt komme ich allein zurecht.<
Ich hauchte einen Kuss auf seinen Mund und wäre fast schwach geworden, wären da nicht zwei weitere Leute in dieser Wohnung, die uns in einem ungünstigen Moment erwischen konnten. Lächelnd löste ich mich wieder von ihm. > Ruh dich auch aus, heute war wieder ein anstrengender Tag.<
Alvaro
Immer wieder ertappte ich mich dabei, wie ich auf die Team Clock starrte, aber ich würde nicht schreiben. Irgendwas lief wohl schief bei mir oder ich interpretierte alles falsch. Möglicherweise wollte mir Thekla auch nur Raum und Zeit geben, endlich eine Entscheidung zu treffen, aber ich wusste nicht, wie ich das anstellen sollte. In meinem Kopf gab es so viele andere Dinge, die nach Aufmerksamkeit lechzten und da Gefühle meistens eine untergeordnete Rolle spielten, dachte ich auch nicht darüber nach.
Seufzend hob ich die Kleine auf den Arm, um sie ins Bett zu bringen. Naja, in mein Bett. Wo sonst? Auf der Couch würde ich sie nicht schlafen lassen, denn das gehörte sich nicht. Zu meinem Glück wachte sie nicht auf, aber sie kuschelte sich an meine Brust und weckte damit erneut eine Welle aus Gefühlen, die mich komplett durchfluteten. Ich war eindeutig überfordert.
Vorsichtig legte ich sie auf die nachgebende Matratze und deckte sie zu. Sie murmelte leise irgendwas, aber ihre Augen blieben weiterhin geschlossen. Ich atmete erleichtert aus. Dann ließ ich sie allein und begab mich in mein Atelier. Das Licht schaltete ich nicht ein. Im Schein des Mondes betrachtete ich meine Arbeiten, die noch hier standen, insbesondere den Fuchs. Thekla war deswegen ganz rührselig geworden, was mich zutiefst berührt hatte. Bisher hatte ich meine Arbeiten nämlich anonym verkauft und nie die Reaktionen der Käufer gesehen. Aber ihre Freude, das Glück, das sie dabei empfunden hatte, konnte ich selbst jetzt noch nachempfinden.
Ich rieb mir über das Brustbein, als sich dort das komische Ziehen bemerkbar machte und fragte mich, ob ich tatsächlich dabei war, Gefühle für sie zu entwickeln. Woher sollte ich das mit Bestimmtheit wissen, wenn ich so etwas nie zuvor empfunden hatte? Machte es einfach Klick? Das wars?
Ich schüttelte über mich selbst den Kopf. Vielleicht sollte ich eine Nacht drüber schlafen.