Aurora
Ich straffte meine Schulter und sah ihn mit einem ernstem Blick an: „Grant, wenn ich alles Vater erzähle und er die Wahrheit erkennt, wird sich das Ganze zum Gutem wenden. Er wird verstehen, dass zwischen Zen und mir Liebe ist. Und er wird Zen neu beurteilen und zwar in angenehmeren Blickwinkel. Mein Vater wird nicht blind für die Wahrheit sein. Stets waren seine Worte: „Regiere dein Reich mit Verstand und Herz. Sei gerecht und ergreife erst die strengste Maßnahme, wenn es keine andere Wege gibt. Und sei stets bereit für kritische Situationen, um schnell handeln zu können.“ Es wird alles gut werden, dessen bin ich mir sicher.“ Meine Stimme war voller Überzeugung, denn ich musste selbst daran glauben. Jedoch wirkte Grant nicht überzeugt und schüttelte leicht den Kopf: „Prinzessin Aurora, das hier ist eine empfindliche Geschichte. Es wird nicht so glimpflich ausgehen, wie Ihr hofft.“ Leise schnaubte ich, denn seinen Pessimismus war erdrückend. Ich würde Grant beweisen, dass mein Vater auf mich hören würde und Zen nicht als Bösewicht sah. Ich blickte auf das Meer, es war kein Land mehr zu sehen und die Sonne ließ das Wasser wie Diamanten funkeln. Es war ein überaus ein schöner Anblick, den ich nicht würdigen konnte. Denn meine Gedanken kehrten zurück zu Zen und die Sehnsucht zwickte schmerzhaft in meinem Herz. Von innere Unruhe erfüllt, lief ich weiter über das Deck. Die Matrosen warfen neugierige Blicke zu mir hinüber, verneigten sich respektvoll vor mir und sprachen über ihre Erleichterung mich gesund zu sehen. Ihre Sorge rührte mich, denn es bewies mir, dass ich meinem Volk nicht gleichgültig war. Ich stützte mich ans Gelände, salziger Wind blies in meinem Gesicht und ich vernahm das Geräusch von Wasserplätschern. Delfine sprangen aus dem Wasser, machten ihre lustige Geräusche und jagten dem Schiff hinterher. Ihre Verspieltheit ließ mich leicht lächeln, sie erinnerten mich an meinem jüngeren Bruder Rían. Wie sie war er mit seine 15 Jahren noch voller Energie, kindliche Zügen in dem Gesicht geschrieben, während der Körper jedoch anfing zu einem Mann zu reifen. Bald war wohl seine Kindheit vorbei. Meine Gedanken wanderten weiter zu meiner liebste Schwester Kyla, sie malte sich bestimmt die schlimmsten Szenen über meinem Verschwinden aus. Ihr Kopf war voll von Fantasien. Ach, meine liebe Mutter. Ihr Herz war bestimmt voll von Kummer. Für eine Mutter gab es nicht Schlimmeres als ein verschwundenes Kind oder verlorenes Kind. Mein ältester Bruder Balan würde mit all seinen Mitteln versuchen meine Spuren zu finden, so wie mein Vater. Da waren sie sich ähnlich. Es würde mit meiner Familie ein freudiges Wiedersehen geben, der Moment vollkommene Erleichterung und Tränen der aufgestauten Kummer. Das Heimweh begann zu wachsen. Bald würde ich meine geliebte Stadt wiedersehen.
Die Delfine verschwanden im Meer und wandten sich vom Schiff ab. Seufzend ging ich erneuert über das Deck, hörte das leise Knarzen des Holzes und das Flattern der Segeln. Oben war der Kapitän und gab seinem Steuermann Kommandos. Grant unterhielt sich wieder mit einem Matrosen, mit dem er sich offensichtlich angefreundet hatte. Ich fühlte mich ein wenig abseits, mir fehlte die Nähe von Zen. Die Vertrautheit und die offene Gespräche. Ob er jetzt auch an mich dachte? Ich hoffte inständig er tat nichts Waghalsiges. Zen war seiner Familie bis auf seinem Vater loyal und für sie würde er alles tun. Es bereitete mir Sorgen, dass dieser Eigenschaft von ihm von seinem Vater ausgenutzt werden konnte. Diesem fürchterlichen Mann traute ich alles zu, was eine traurige Offenbarung war. Wie konnte ein Mann so herzlos zu seinem eigener Sohn sein? Ihn an den Pranger stellen für seine Machtgier? Und wie konnte er das Volk so leiden lassen? Das war nicht richtig und ich hatte dafür auch kein Verständnis. Für solche Motive fand ich keine Antworten. Unbewusst begann ich mit den Ohrring zu spielen, während ich hin und her schritt, um meine Füße ein wenig zu vertreten. Ich sollte mich wohl auf das Gespräch mit meinem Vater vorbereiten und deswegen konzentrierte ich mich jetzt darauf. Es war wichtig, dass ich meine Worte überzeugend hervorbringen konnte und ihm die Augen öffnete. Ich durfte kein bisschen Unsicherheit zeigen, denn das würde ihn zum Umdenken hindern. Doch ich würde das schaffen, ich würde meinem Vater, der König von Aqua Imperium, die Unschuld von Prinz Zen beweisen, ihn die sinnvolle Gründe für das Bündnis mit ihn vorlegen und ihn überzeugen, dass diese Heirat kein Fehler war. Ich würde mit all meiner Macht für den Frieden kämpfen.