Aurora
"Wie Ihr sehen könnt, genieße ich bei bester Gesundheit und bin bei meiner Familie", antwortete ich darauf ohne dabei viel zu verraten. Aus meinem Mund würde Prinz Blaise nichts entlocken können, was meinem Ehemann Zen oder meiner Familie schädigen könnte. Seit jener Flucht war ich vorsichtiger geworden und schätzte vorher die Situationen ein, bevor ich Jemanden mein Vertrauen schenkte. Besonders bei mächtige Personen musste man wachsam sein, was wir leider erfahren mussten. Daher wollte ich nun meine Worte weise wählen, um nichts Negatives auszulösen. "Ja, das habe ich soeben feststellen können", lächelte Prinz Blaise milde und die helle Augen blinzelte in der Sonne: "Verzeih meine Neugier, die vielleicht taktlos erscheinen mag, aber es interessiert mich brennend ob ein anderes Gerücht wahr ist. Nämlich, dass Ihr eine Komplizin von Prinz Zen seid und ihm zur Flucht verholfen hatte." Wir begaben uns auf dem gefährlichen Grat und ich musste mich hüten. "Es ist durchaus unangebracht solche derartige Fragen einer Prinzessin zu stellen, wo das Kennenlernen erst kürzlich stattgefunden hat und ihr die Gäste seid. Jedoch verstehe ich ihre Besorgnisse, denn die Ereignisse scheinen alle Reiche zu betreffen. Nun, es wird nachgesagt, dass Komplizen Derjenigen sind, die Verbrechen unterstützen und ich unterstütze kein Verbrechen. Demnach stimmt auch dieses Gerücht nicht", erwiderte ich darauf. Zen hatte nie was Falsches gemacht und war Opfer einer Intrige gewesen. Ich hatte ihm geholfen, überzeugt von seiner Unschuld und daher machte es mich nicht zu einer Komplizin. Er hatte nie ein Verbrechen begannen. "Natürlich nicht, wie töricht von mir solche Fragen zu stellen und gar zu glauben, dass eine zarte weibliche Person wie Ihr eine solche üble Tat begehen könnt", er schien mir schmeicheln zu wollen, doch das berührte mich nicht. "Wenn Euch nicht ausmacht, würde ich gerne zu unsere Gruppe zurückkehren. Sie fragen sich bestimmt, wo wir sind", bemerkte ich. "Natürlich, Prinzessin Aurora", nickte Prinz Blaise. Vorerst schien ich seine Neugier gestillt zu haben, aber dennoch besaß ich ein ungutes Gefühl. Ich hatte mich wie in einem Verhör gefühlt und das war äußerst unangenehm gewesen. Vermutlich würde er es seinem Vater weitererzählen. Ob das wohl der Grund des Besuches beeinflussen würde? Was wollten das Aer Imperium genau von uns? "Eurer Besuch kommt überraschend, dennoch fühlen wir uns geehrt", merkte ich es an, in der Hoffnung etwas Wichtiges entnehmen zu können. Prinz Blaise verschränkte seine Arme hinter seinem Rücken, während wir gemächlich unsere Gruppe näherten: "Nun, wir dachten einen gepflegten Kontaktaustausch kann nur vorteilhaft sein. Für beider Reiche. Meint ihr nicht?" Ich runzelte nachdenklich mit der Stirn. Es klang danach, als strebten sie einen Bündnis an. Doch woher dieser Sinneswandel? Und dann auch zu diesem Zeitpunkt. "Sicher", antwortete ich neutral, ohne viel meine Meinung kundzugeben. Er wirkte damit zufrieden und wir erreichten unsere Gruppe. Meine Mutter wirkte ein wenig unruhig und räusperte sich: "Aurora, wir haben Post von einem Briefvogel bekommen. Sie ist an dich gerichtet." "Oh", ich versuchte meine Aufregung zu verbergen und nahm den geschlossene Brief entgegen: "Danke. Das ist bestimmt von meiner liebe Freundin." Prinzessin Arwen musterte mich mit einem eindringlichen Blick, was mich unwohl fühlen ließ. Doch dann wandte sie den Blick von mir ab und hielt mit meine Mutter eine Unterhaltung. Nach eine Weile hielt ich es für schicklich genug mich zurückziehen zu dürfen, um endlich in aller Ruhe den Brief lesen zu können. Mein Herz pochte dabei laut und ich zügelte mich loszulaufen. Das würde merkwürdig erscheinen und Fragen auftauchen lassen, die mich in Unannehmlichkeiten bringen konnten. Die Bibliothek war der nächste Ort, wo ich mich zurückziehen konnte und als ich die Tür hinter mir schloss, riss ich zittrig den Brief auf. Der Name des Absender sagte mir nicht, doch erschien mir sinnig, dass Zen nicht unter seinem Namen schrieb. Ein kleiner Beutel fiel auf meiner Hand und ich beschloss Diesen naher zu öffnen, wenn ich endlich die Worte von meinem Liebster lesen konnte, auf die ich so sehnsüchtig gewartet hatte.
Sehr geehrte Prinzessin Aurora,
hier schreibt Alfons, ein Krieger aus Terra Imperium. Ich habe Prinz Zen in seinem Reich begleitet und mit größtem Bedauern muss ich Ihnen mitteilen, dass er bei einem Angriff lebensbedrohlich verwundet wurde. Er befahl mir dieses Schmuckstück Euch zurückzugeben, Sie haben meinen aufrichtigen Beileid.
Er war ein mutiger Mann gewesen,
Alfons.
Immer wieder las ich die Zeilen, verstand die Worte nicht und erst als ich mit zitternde Fingern den Beutel öffnete und der fehlende Ohrring in meiner Hand fiel, begriff ich die Bedeutung des Briefes. Zen war tot.