Ardan
Dass Jadis nur gute Absichten hegte und alles tun würde, um dem Licht zu dienen, war mir klar. Ihre stolze Rede zeigte, wie sehr sie hinter ihrer Sache stand. Genau das durfte sie nie vergessen. Den Grund, warum sie ihr Schwert in die Hand nahm. Ohne festes Ziel war ein Schwert wertlos.
Der Älteste des Rates erhob sich von seinem Platz und glättete sein Hemd, das er unter einem bodenlangen, rotbraunen Mantel trug. Das ergraute Haar und die vielen Falten in seinem Gesicht zeichneten sein hohes Alter aus, aber das helle Braun seiner Augen ließen seinen Geist weitaus jünger erscheinen. Er war ein kluger Kopf. Auf sein Urteilsvermögen war Verlass. Von allen Mitgliedern des Rates rechnete ich seinen Worten mehr Gewicht an.
Er drehte seinen Körper in meine Richtung, aber die Worte richteten sich an Jadis. >Zunächst möchte der Rat sich dafür bedanken, dass Prinzessin Jadis unsere Traditionen respektiert hat und große Neugier für unseren Alltag gezeigt hat. Sie hat die Menschen auf Augenhöhe behandelt, was wir alle sehr zu schätzen wissen. Außerdem hat sie als Strategin und Adlige einen sehr guten Eindruck hinterlassen, weshalb wir ihre Person jederzeit im Reich von Ignulae willkommen heißen. Falls der Mahajal dem ebenfalls zustimmt.< Er machte eine kurze Pause und ich nickte. Es gab keinen Grund, Jadis den Zutritt in mein Reich zu verwehren. Auch wenn ich anfangs den Eindruck vermittelt hatte, es gäbe nichts Schlimmeres als fremde Gäste, so hatte sie sich in den letzten Tagen zu gut eingegliedert, als dass ich sie für immer verbannen könnte. So eiskalt war ich nun auch wieder nicht, insbesondere nachdem Zen sich an sie gewöhnt hatte und sie wiedersehen wollte.
Der Älteste fuhr mit bestimmter Stimme fort. >Wir haben uns viele Stunden über das Anliegen der Prinzessin unterhalten und erkennen die Dringlichkeit einer Zusammenarbeit an. Der Dunkle Lord stellt eine Gefahr für alle dar, er muss eliminiert werden, jedoch...< Er senkte den Blick, suchte nach den richtigen Worten. Der Moment war gekommen. > Die Trimagische Allianz allein ist eine Macht, die nicht zu unterschätzen ist. Bislang haben der Krieg und seine Folgen uns in keinster Weise beeinträchtigt. Wir sind inmitten der See mehr als sicher. Und sollte die Dunkelheit dennoch über uns hereinfallen, sind wir mehr als stark genug, diese abzuwenden. Aus diesem Grund lehnen wir ein Bündnis ab.<
Jetzt wäre dramatische Musik passend. Ich war froh, dass Zaneri keine vorbereitet hatte, denn zuzutrauen wäre es ihr. Es war überraschend genug, dass sie hierbei nicht teilnahm, sie hätte sicherlich gern ihre subtilen Sticheleien fortgesetzt. Ob ich mir wieder Sorgen darüber machen musste, warum sie nicht hier war? Plante sie einen Hinterhalt?
Ich fuhr mir mit einer fahrigen Bewegung durchs Haar, als Raja zur Seite trat und mir damit das Zeichen gab, das zerschmetternde Urteil in Stein zu meißeln. In erhabener Haltung sah ich auf meine Gäste hinab. >Damit bleibt mein Nein ein Nein. Ignulae hält sich weiterhin aus dem Krieg raus. Für Euch mag das eine Niederlage sein, aber glaubt mir, wenn ich Euch sage, dass Ihr in den letzten Tagen mehr erreicht habt, als viele andere Gäste vor Eurem Auftauchen. Wenn es wirklich so weit kommt, dass wir auf gegensätzlichen Seiten stehen, so seid gewiss, dass ich ebenfalls nicht zögern werde, mein Schwert auf Euch zu richten.<
Das hätte ich zwar nicht sagen müssen, doch es war mir wichtig. Es widerstrebte mir wie ein Eisklotz zu reden, aber nur so bewahrte ich meine Autorität in dieser Sachlage. Sie selbst hatte gesagt, dass sie alles und jeden niederstrecken würde, der sich ihr in den Weg stellte. Und ich durfte nicht durchblicken lassen, wie sehr ich dieses Ergebnis bedauerte. Nicht zuletzt war das die Idee von Thales, Azuria und mir gewesen. Wir hatten einen Plan und er würde sich nicht ändern.
>Falls Ihr noch etwas zu sagen habt, dürft Ihr das selbstverständlich tun. Andernfalls könnt Ihr euch für eure Abreise vorbereiten. In einer halben Stunde verabschieden wir euch dann am Hafen.<
Jenaya
Ich lächelte Yun dankbar an, als er meinte, ich würde mich nicht dumm anstellen. Das hoffte ich. Viele Blicke ruhten auf mir, weil man es nach wie vor nicht fassen konnte, dass ich, eine Prinzessin, tatsächlich in der Küche stand und Plätzchen backen wollte. Die nicht einmal für mich waren. So oder so spekulierte das Personal, wie mein Verhältnis zu Kenai war. Die einen fanden es spannend, andere wiederum blieben an alten Bildern hängen, dass eine Prinzessin mit einem Adligen verkehren sollte. Starke Babys und so, dass ich nicht lache. Ich schlief nur mit einem Mann, den ich abgöttisch liebte. Weniger reichte nicht. Und Kenai gehörte zu mir, so wie ich zu ihm gehörte. Warum sonst passten wir rein magisch perfekt zusammen?
Leise summend folgte ich den Anweisungen der Köchin und gab dabei mein Bestes. Wenn ich etwas erfolgreich tun wollte, konnte mich nichts schnell aus der Fassung bringen. Ich war sehr wissbegierig, lernte zügig die wichtigsten Informationen und setzte Tipps um. Die Köchin schien das zu merken, sie lobte mich ziemlich oft. Ich fühlte mich gut dabei und war dabei den Teig zu kneten, da bekam ich die seltsame Eingebung, ein wenig Zitronenschale hinzuzufügen.
>Seid Ihr sicher? Normalerweise benutzen wir keine Zitronenschale, wenn wir Himbeerplätzchen backen...< Die Köchin musterte mich skeptisch.
Ich wischte mir unbewusst Mehl auf die Wange und nickte bekräftigend. >Doch, doch, ich möchte ein wenig Zitronenschale haben. Ist so ein Gefühl.< Woher dieses Gefühl kam, wusste ich nicht, aber ich spürte, dass Zitronenschale eine Zutat war, die ich nicht missen durfte.
Schließlich gab die rundliche Frau auf und reichte mir die fehlende Zutat. Wir führten die nächsten Schritte aus, formten den Teig in kleine runde Plätzchen und setzten sie anschließend auf einem Backbleck ab, das dann in den vorgeheizten Ofen geschoben wurde. Nun folgte die Himbeerkonfitüre.