Zen
Sie musste echt aufhören Dinge zu sagen, die mich in Verlegenheit brachten oder meine Gedanken durcheinanderwirbelten, sonst drohte ich mehr zu empfinden als beabsichtigt. Wir kannten uns erst seit ein paar Tagen und trotzdem fühlte es sich an, als würde ich sie länger kennen. Ich könnte meine Augen schließen und die Konturen ihres Gesichts nachzeichnen, so sehr hatte sie sich in mein Gedächtnis gebrannt.
Ich widerstand dem Drang sie näher an mich zu ziehen und sah über ihre Schulter hinweg zur Tafel. >Wir können gerne weiter tanzen, aber ich brauche erstmal eine Stärkung. Möchtest du auch etwas essen?<
Kersia
Am Ende der Treppe erwartete mich die nächste Tür. Diesmal eine richtige, kein versteckter Durchgang. Sanftes Abendlicht strömte durch die Fenster auf der linken Seite und vor mir entdeckte ich das Objekt meiner Begierde. Eine wunderschöne Badewanne. Die hübschen Verzierungen an der Seite machten den Eindruck, als sei das bloß Dekoration, aber wer sich mit der Kultur der Meeresbewohner auskannte, wusste, dass darin Magie versiegelt war. Ich erinnerte mich noch sehr gut an den Tag, als ich diesen Raum durch Zufall entdeckt hatte.
>Prinzessin Kersia, bitte zeigt Euch! Ihr müsst zurück in den Palast.< schallt die Stimme des Wächters durch die hohen Räume. Er klingt verzweifelt. Und eine Spur genervt. Ich unterdrücke ein Kichern, als ich an den Regalreihen mit Büchern vorbeihusche und eine Nische entdecke, in der ich mich gut verstecken kann. Hier werden sie mich bestimmt nicht finden. Wieder rufen sie nach mir, ihre schweren Schritte donnern auf dem marmornen Boden. Ich versuche mich zwischen Wand und Sessel zu quetschen, damit ich gänzlich dahinter verschwinden kann und stütze mich versehentlich an einem goldenen Rahmen eines Gemäldes, das zu fallen droht.
Wild klopfenden Herzens versuche ich es rechtzeitig festzuhalten, aber da erklingt schon ein verdächtiges Klicken. Plötzlich sehe ich eine Öffnung in der Wand. Erstaunt starre ich die Stelle an. In der Dunkelheit erkenne ich Stufen, eine Treppe. Wo führt sie hin? Ist das vielleicht ein weiteres Rätsel? Vergessen sind die Wächter, das nächste Abenteuer kann beginnen. Hastig schlüpfe ich hinein und zucke überrascht zusammen, als die Öffnung sich wieder schließt. Jetzt ist es finster. Meine Freundin Geia wäre in der Lage zu sehen, aber so gut wie sie bin ich nicht. Ich folge einfach meinem Gefühl für die Umgebung, taste mich voran und spüre die kühlen Stufen unter meinen nackten Füßen. Ich zähle siebzehn, als ich direkt gegen ein Hindernis laufe und mir die Stirn anschlage. Autsch.
Suchend gleitet meine Hand über die Wand vor mir, während ich das Pochen in meiner Stirn ignoriere. Ist das vor mir überhaupt eine Wand? Ich ertaste eine Unebenheit, drücke dagegen und staune, als Licht mein Gesicht trifft. Blinzelnd trete ich ein und schaue mich mit großen Augen um. Oh, wie schön! Ein Badezimmer. Mit einer weißen, großen Badewanne in der Mitte. An den Wänden wachsen kleine Bäumchen mit rosafarbenen Blüten, wie mein Haar. Selbst um die Wanne herum blühen rosa Blumen. Ich fühle mich wie in einem Märchen, die Zenzen immer liest, wenn er mich besuchen kommt. Ein geheimer Raum ist das perfekte Versteck. Mit beiden Händen fasse ich nach dem Rand der Wanne und hieve mich mit aller Kraft hoch, bis ich es schaffe ein Bein zu heben und wenig elegant ins Innere zu plumpsen. Hoffentlich hat man das nicht gehört… Hier drin ist es angenehm kühl. Nur fehlt leider das Wasser. Wo kommt es her?
In alten Erinnerungen schwelgend trat ich auf die Wanne zu und fuhr mit den Fingern den Wannenrand entlang. Heute war ich groß genug, um problemlos hineinzuklettern und ich wusste, woher das Wasser kam. Es erstaunte mich, dass die Blumen noch blühten und die kleinen Bäumchen genauso lebendig wirkten wie noch vor über zehn Jahren. Mit dem Kleid stieg ich in die Badewanne und machte es mir liegend gemütlich.