Corvin
Ich beobachte jede ihrer Bewegungen, jede noch so kleine Regung in ihrem Gesicht auf der Suche nach einem Zeichen, dass sie lügt. Ich will ihr glauben. Und ich weiß dass diese Situation zwischen uns nur auf zwei mögliche Enden hinausläuft. Entweder ich töte sie, oder ich muss sie gehen lassen. Und dass ich sie nicht töten kann, habe ich inzwischen verstanden. Warum, das bleibt mir weiterhin schleierhaft. Aber ich werde es nicht tun.
Ich sehe ihr direkt in die Augen, als sie mir das sagt und sehe ihr einen Moment regungslos nach, als sie das Glas austrinkt und nach oben verschwindet.
Und in ihrem Blick lese ich nichts als die Wahrheit. Sie meint was sie sagt. Sie hat Angst vor mir und davor was ich ihr antun könnte wenn sie ihr Wort brechen würde und mich an die Polizei verrät. Sie wird das nicht tun, weil sie lieber mit dem Wissen lebt, dass ich niemals dafür zur Rechenschaft gezogen werde was ich ihr angetan habe, als mit der Angst davor, dass ich noch jemanden töte oder ihr wieder ihre Freiheit nehme.
Und deshalb bleibt auch nur eine wahre Entscheidung übrig. Ich werde sie gehen lassen.
Ich trinke mein Glas aus, starre einen Moment nachdenklich aus dem Fenster, wie es langsam beginnt zu Regnen und frage mich zum hundertsten Mal die letzten Tage wie es nur so weit kommen konnte.
Nach ein paar Minuten stehe ich auf, stelle mein Glas weg und folge ihr nach oben, wo ich an ihre Zimmertüre klopfe. "Ava?"
Offene Arme der gewaltigste Protest den wir haben, will sagen: Bevor noch jemand hinfällt, passt bitte aufeinander auf in dieser scheiß Welt!