Akela
Um einen Fluch brechen zu können, musste man ihn erstmal verstehen und die Ursache dieses Fluches finden. Ich hatte mich schon gefragt, warum die Blutmondmagie eher eine düstere Natur besaß, wo die Mondgöttin Luna als Heilige galt. Sie brachte Licht in die Dunkelheit, wenn die Nacht kam. Dieser Blutmond widersprach ihr und umso weniger überraschte es mich, dass es sich hierbei um einen Fluch handelte. Einen Fluch, den die Mondgöttin anscheinend nicht selbst brechen konnte. Manche Mächte sind selbst den Götter überlegen, auch für sie existierten Regeln und Grenzen. Ohne die Ordnung würde überall Chaos herrschen, selbst in den Ort, wo die Götter lebten. Ich sah auf meine Hand herab, Adern stachen dick aus meine Unterarme heraus und pulsierten, während die Energie aus ihm herausfloß, um die Mondfinsternis zu halten. „Lass mich deine Geschichte sehen“, flüsterte ich und das silberne Auge begann zu funkeln. Silbriges Licht umgab mich und vor mir formten sich die Schatten, um mir die Geschichte des Blutmonds zu erzählen. „So ist das also“, murmelte ich. Vor langer Zeit gab es einmal einen großen Krieg, der bis in die Welt der Götter reichte und es wurde böses Blut auf dem Mond vergossen, das hatte diesen Fluch ausgelöst. Ich konnte den Nachall des tiefen Schmerzes und der Verzweiflung der Mondgöttin Luna spüren, denn sie wurde von ihrer eigene eifersüchtigen Halbschwester verraten. Diese trachtete nach der Macht der Mondgöttin und wollte sie von ihrem Thron stoßen. Ein erbitterter Kampf entfach und versank die Welt in eine mondlose Dunkelheit. Als die Halbschwester starb, verfluchte sie den Mond und tränkte ihn in ihrem Blut. Ein letzter dunkler Akt. Die Mondgöttin Luna schaffte es nur den Fluch so zu verändern, sodass der Blutmond nur alle paar Jahrhundert erschien, denn auch sie hatte der Fluch getroffen. Sie selbst konnte ihn nicht brechen und wenn der Blutmond kam, war sie an Ketten gebunden. Ich tauchte tiefer in die Geschichte hinein, suchte nach den Kern des Fluchs und stieß auf ihn. Vor meine innere Augen wirbelten die fremdartigen Runen herum, reihten sich ein und ergaben ein ganzes Bild. Ich musste nur danach greifen. Plötzlich wurde ich aus meiner Trance gerissen, Sirius hatte mein Geist zurückgerissen und verwirrt blinzelte ich. Die Portale, warnte er mich. Reflexartig schloss ich die Portale und ließ die Zacken sprengen, bevor die Schattenwesen herauskriechen konnte. Ohne sie als Kraftquelle wurde der Sog heftiger und ich schnappte laut nach Luft. Warmes Blut floß aus meiner Nase und in meinem Kopf begann es laut zu pochen, als würde er in jeden Moment platzen. Immer mehr zehrte der Zauber an meiner Kraft und ich spürte wie meine Energie zuneige ging. Aufeinmal rauschte durch meinem Körper fremde Energie, sie war rein und doch anders, als die ich von Silia kannte. Lasse mich in dich hinein, flüsterte Sirius und ich öffnete für ihn mein Geist. Etwas Anderes blieb mir wohl kaum übrig, wenn ich das hier durchziehen wollte. Ich riss meine Augen weit auf, als der nächste Energieschub kam und ich den Mondwolf in mir spüren konnte. Seine Macht fühlte sich frei an wie die unendliche Weite der Nacht, so klar wie wolkenlose Sternenhimmel und leuchtend wie der Mond. Es war ganz anders als den finsteren Fluch von Fenrir, dessen dunkle Macht mich in tiefe Abgründe gestoßen hatte. Der silberne Schein um mich herum wurde stärker und plötzlich tanzten Flammen um meine Hand herum, die wie Mondlicht aussahen. Erneuert tauchte ich in den Fluch hinein, wagte mich hervor und versuchte seine Bedeutung zu verstehen. Noch mehr Bilder erschienen vor meine innere Augen, alte Erinnerungen von Tyr. Ich öffnete meine Augen, nun wusste ich, was ich zu tun hatte. Tyr hatte es fast geschafft und ich musste den Rest erledigen. Durch mein breites Wissen um verschiedene Zauberformeln und die Fähigkeit neue Formeln zu kreieren, würde ich diesen Fluch brechen können. Wie in einem Trance begann ich die Worte zu murmeln, die nicht von dieser Welt schienen und der Boden begann zu beben. Mit den Pfeil der Mondgöttin stieß ich genau in die Mitte, als ich die letzte Worte aussprach und der Schatten im Spiegelmond bekam Risse. Der Zirkel verwandelte sich in gleißendes Licht und schoss bis zum Himmel. Ich legte den Kopf in den Nacken und sah wie die Mondfinsternis verschwand. Doch statt ein roter Mond erschien ein blauschimmernder Mond. Der Blaumond war eine Segnung der Mondgöttin an die Mondgeborene, bevor Dieser verflucht wurde. Der Fluch war gebrochen. Als Sirius aus meinem Körper glitt, sank ich kraftlos zum Boden und starrte den blauen Mond an. Mein Blick begann sich zu verschwimmen und ich spürte wie mein Herz immer langsamer schlug. Ich sehnte mich nach dem Schlaf, doch wenn ich mich ihm hingab, würde ich vielleicht nie mehr meine Augen öffnen. Ich blinzelte. Ein Stern neben dem Mond funkelte besonders hell. Und dann übermannte mich die Schwere des Schlafs.
Wach auf, mein tapferer Mondkrieger, erklang eine melodiöse Stimme und ich öffnete meine Augen. Alles um mich herum schien in weißem Licht eingetaucht zu sein und ich konnte keine klare Umrisse erkennen. „Bin ich tot?“, fragte ich als Erstes und richtete mich auf. Zumindest glaubte ich es, dass ich es tat. „Nein, dein Körper ist scheintot. Du hast deine ganze Energie verbraucht und bist in einem tiefen Koma gefallen, alle deine lebenswichtige Organe arbeiten bloß langsamer, um die restliche Energie aufrecht zu halten“, erklang wieder diese Stimme und vor mir erschien nebelartige Gestalt. Als ich genauer hinschaute bekam ihre Gestalt eine festere Form und hätte ich ihre Präsenz nicht schon erkannt, dann hätte mir ihr Aussehen klar gemacht, wer vor mir war. „Bin ich in deinem Reich, Mondgöttin Luna?“, fragte ich sie und war etwas enttäuscht über diese Umgebung. Das Leben auf dem Mond sah ziemlich fad aus. „Das hier ist der Kontaktknoten zwischen einem Gott und einer Seele. In meinem Reich wärest du versucht gewesen zu bleiben“, antwortete sie mir lächelnd und dabei begannen ihre goldene Sommersprossen zu funkeln wie die Sterne. Solche Sommersprossen hatte ich noch nie gesehen und ich hätte auch niemals erwartet, dass ein göttliches Wesen ein solches Merkmal besitzen würde. „Ich danke dir, dass du den Blutmondfluch gebrochen hast. Schon seit deiner Geburt unter Sirius Stern wusste ich, dass du die Wiedergeburt meines Mondkriegers bist“, ihre Augen, die mich an einem klaren Nachthimmel mir Farben erinnerte, schimmerten feucht vor tiefer Dankbarkeit und ihre Wärme durchströmte mich. „Mondkrieger….also bin ich jetzt kein Schattenmagier mehr?“, runzelte ich mit der Stirn. In was war ich schon wieder hineingeraten? „Doch, natürlich. Niemand kann seine Geburt verleugnen. Du bist Beides“, ihre weiche Hände umfasste mein Gesicht. Die kleinen Sommersprossen hatten tatsächlich sternartigen Formen. „Du bist ein Mondschattenmagier. Dein zweites Auge, den ihr auf der Erde als Schattenauge bezeichnet, verrät es“, ihr Blick wurde traurig: „Doch leider wurden die wenige Mondschattenmagier getötet und das wahre Wissen um das Schattenauge verschwand, sowie um die Mondschattenmagier. Es waren viele Jahren vergangen als du als der nächste Mondschattenmagier geboren warst und da wurde das Schattenauge als ein Art Fluch angesehen. Das hat dir viel Kummer bereitet, weil du den wahren Kern nicht kanntest. Doch jetzt hat dein Geist den Kern gefunden, auch wenn dein Verstand es noch nicht danach gegriffen hat. Es liegt in deiner Macht, wie du deine Gabe benutzen willst. Es war niemals ein Fluch gewesen und der Blaumond wird dir das Wissen schenken, das du brauchst. Das ist mein Geschenk an dich, mein tapferer Mondkrieger“, weiche Lippen küssten mein Stirn und eine berauschende Energiewelle umspülte mich. Sie roch nach den blauschimmernde Mondblumen, die nur im Mondlicht erblühten. Sie löste sich von mir, das weißschimmernde Haar, was beinahe durchsichtig aussah, tanzte um ihr Gesicht und entblößte die spitz zulaufende Ohren. Ich musste an Boyd, dem Mondelf denken. Er war ein Mondgeborener. Auf ihr Stirn leuchtete der Mond, ein Spiegelbild des echten Mondes. Ich spürte einen Stoß und die seltsame Umgebung verschwand.