Cael
Ich zog eine Braue in die Höhe, als er Imesha erwähnte und hätte gerne mehr erfahren, aber da wir einem Wolf gegenüberstanden, wollte ich lieber ruhig bleiben und darauf achten, dass wir nichts Falsches taten. Oder etwas Schlimmes passierte. Wenn die Menschen in Valaris schon unberechenbar waren, vielleicht war es bei den Tieren dann genauso. Ich konnte schwer einschätzen, was dieser Wolf hier zu suchen hatte. Waren wir uneingeladen in sein Territorium eingedrungen? Wollte er uns vertreiben? Oder war er einfach nur neugierig? Er stammte zumindest nicht aus der Geisterwelt, das hätte ich sofort gemerkt. Das hier war ein echter magischer Wolf, der uns wachsam musterte. Mit Augen so eisblau wie Gletscher.
Ryu traute sich etwas weiter nach vorne, hielt aber genügend Abstand, um nicht zu aufdringlich zu wirken. Der Wolf reagierte nicht darauf, stattdessen sah er uns beide abwechselnd an, dann hinter uns. Irritiert sah ich über die Schulter zurück in die weiße Leere. Waren hier etwa noch mehr Kreaturen? Irgendetwas, was wir übersehen hatten?
Imesha
Ich erwiderte ihre Worte mit einem kleinen Lächeln. Es freute mich, dass sie mit meinen Übungen zurechtgekommen war und dass sie fleißig mitgemacht hatte. Sie wollte wirklich etwas dazulernen und das allein war eine gute Voraussetzung, um die eigenen Fähigkeiten zu verbessern. >Morgen werde ich dir-<
Den Satz beendete ich nicht. Plötzlich war da wieder dieses Ziepen in meinem Nacken. Genau dort, wo diese Tätowierung erschienen war. Reflexartig fasste ich danach, als könnte ich damit begreifen, was nun schon wieder los war. Dieses Mal fühlte es sich aber irgendwie anders an. Das Ziepen wurde nämlich sekündlich stärker, als würde mich jemand an einem einzelnen dünnen Faden ziehen. Ich runzelte verwirrt die Stirn, drehte mich um und entdeckte zu meinem Erstaunen magische Fäden. Einer davon, silbrig glänzend, führte direkt zu mir und spannte. Es klang wie eine Einladung. >Da draußen ist etwas.< sagte ich an Ilea gerichtet, als ich auch schon mit schnellen Schritten die Höhle verließ. Aus einem mir unerklärlichen Grund begann mein Herz schneller zu schlagen, meine Füße stapften durch den hohen Schnee, als wäre er kein Hindernis und als ich um eine felsige Ecke bog, blieb ich wie erstarrt stehen. Nicht wegen der beiden Männer, die nicht unweit von mir entfernt standen, sondern wegen des magischen Wesens. Wegen des prächtigen Wolfs, der mich direkt ansah, als hätte er auf meine Ankunft gewartet. Das dichte Fell um seinen Nacken färbte sich in warmes Blau, auch das wuschelige Ende seines Schwanzes sah aus, als hätte man es in blaue Farbe getaucht. Ich starrte ihn atemlos an, griff wie ferngesteuert nach den vielen silbrigen Fäden, die zwischen uns tanzten und baute eine Verbindung zu seinem Geist auf. Kurz darauf neigte er grüßend den Kopf und an seinem Geweih erblühten plötzlich hübsche Blumen. In genau demselben warmen Blau. Ich wusste nicht warum, aber sein Anblick löste etwas Großes in mir aus.