Gute Nacht


Holly:

Es dauerte etwas, bis ich in den Schlaf fand. Mein Gehirn schien von seiner Wärme und dem Duft völlig durch den Wind. Nicht ganz jugendfreie Bilder von Evan krochen in mein Kopf und ich fluchte leise. Evan neben mir schien eingeschlafen zu sein, sein Atem war flach und ich war froh darüber, weil er dann das Durcheinander in mir nicht mitbekam.
Irgendwann schlief ich dann doch ein, immer noch mit Evans Duft in meine Nase.

Holly:

Angeregt von den verworrenen Gedanken, träumte ich diese Nacht auch von Evan. Es war einer von den Träumen, die einem das Herz schneller schlagen ließen und die Atmung beschleunigten. Sein Duft verfolgte mich auch in der Traumwelt und hier kam ich auch in den Genuß seiner Lippen. Es war nicht real, doch seine Lippen fühlten sich weich an und sehr verführerisch. Unbewusst schmiegte ich mich noch näher an den warmenKörper und seufzte.
Mein Atem ging schnell und in meinem Bauch wurde es angenehm warm.
"Evan." - flüssterte ich leise und langsam wachte ich auf. Ich blinzelte, um den Schlaf zu vertreiben und sah zu meinem besten Freund, der schon wach war und nun auf der anderen Seite des Bettes lag. Ich wurde rot, weil ich mich ertappt fühlte. "Guten Morgen." - begrüßte ich ihn dann und versuchte mit einem nervösen Lächeln die peinliche Situation zu überspielen.

Holly:

Zum Glück schien Evan nicht gehört zu haben, wie ich sehnsüchtig seinen Namen sagte. Ich streckte mich wohlig und versuchte den Traum zu vertreiben, doch er gehörte zu den hartneckigen, die auch nach dem Aufwachen nicht verpufften.
"und hast du gut geschlafen?"- fragte ich und setzte mich auf. Unbeholfen fuhr ich mir durch das Haar. Mein Herz beruhigte sich allmählig.
Warum träumte und dachte ich so etwas? Ich war eindeutig zu lange Single.

Holly:

Besorgt musterte ich sein Gesicht. Das Auto war blau und die Nase angeschwollen.
"Ich habe auch ganz gut geschlafen." - berichtete ich ihn und erneut drängelte sich die Bildes des Traumes in mein Gedächtnis. "Dein Vater soll sich das auf jeden Fall anschauen." - sagte ich dann und kletterte aus dem Bett. Etwas unbeholfen fuhr ich mir durch das Haar. "Und was machen wir heute noch?" - fragte ich, um keine peinliche Pause entstehen zu lassen.
So unwohl hatte ich mich in seiner Gegenwart noch nie gefühlt.

Holly:

"Oh." - meinte ich etwas enttäuscht, als er mir von seinem durchgetimten Samstag erzählte. Ich dagegen hatte mir für heute nichts vorgenommen, da ich annahm, dass ich bis zum Morgengrauen feiern würde und dann bis nachmittag schlafen. "Ja, ich muss eher noch mit meiner Schwester sprechen." - erzählte ich ihm, damit er bloß nicht auf die Idee kam, nur wegen mir seine Pläne aufgab. Denn so war er. "Ich ziehe mich an und dann mache ich mich auf den Weg." - erklärte ich ihm noch und ging ins Badezimmer, um meine Sachen anzuziehen und mich zu waschen.

Holly:

Als ich wieder in Evans Zimmer kam, war es leer. Ich nahm meine Tasche und ging dann runter in die Küche, wo ich ihn vermutete und dann auch vorfand.
"Du bist ein Schatz." - sagte ich lächelnd, als ich ihn beim Tischdecken ansah. Ich setzte mich an den Tisch und ließ mich von ihm bedienen. "Gehen wir morgen klettern?" - wollte ich wissen. Meine Schulter tat noch etwas weh und eigentlich wollte sein Vater, dass ich mich ausruhte, doch das Klettern fehlte mir.

Holly:

Evan war wirklich der fürsorglichte Mensch, den ich kannte und deshalb liebte ich ihn ... wie einen Bruder.
"Das ist lieb." - sagte ich und nahm mir die Kanne mit dem frischen Kaffee. "Die Eins?" - ich sah ihn skeptisch ein. Diese Wand würde ich sogar mit zwei gebrochenen Armen schaffen. "Die Zwei." - verbreitete ich ihm dann einen Gegenvorschlag und legte zwei Löffel Zucker in die Tasse mit Kaffee.

Holly:

Ich lächelte zufrieden, als er meinen Vorschlag annahm und nahm einen Schluck von meinem Kaffee. Ich aß ein Brötchen mit Leberwurst und verabschiedete mich nach dem Frühstück von Evan.
Obwohl ich gesagt hatte, dass ich heute mit Tilly reden würde, hatte ich es nicht vor. Ich hatte nicht die geringste Lust mit ihr zu sprechen und mich eventuel dazu breit schlangen zu lassen, zu dieser Hochzeit zu gehen. Damit hatte ich abgeschlossen. Klar, sie war meine Schwester, doch sie musste mich auch verstehen. Die ganzen Schickanen von Ruby hatte sie mitbekommen und nichts getan, nur gelacht und es als Kinderreien abgetan.
Der Laden meiner Eltern war heute geschlossen und die beiden sicherlich bei Tilly, um ihr bei den Vorbereitungen zu helfen. Am Wochenende gab es auf diesem Gebiet immer war zu tun. Darauf hatte ich auch keine Lust.
In meiner Wohnung angekommen stellte ich mich unter die Dusche und ließ die warmen Wasserstrahlen auf meinen Körper rieseln.
Dieser Traum von heute Nacht ging mir einfach nicht aus dem Kopf. Seit wann hatte ich solche Gedanken, was Evan betraf? Er war wie mein Bruder und eine Schwester sollte ihren Bruder nicht sexy oder anziehend finden. Ich brauchte eindeutig einen Freund, sonst würde ich mich irgendwann auf Evan stürzen, der mir am nächsten stand.
Ich wickelte mich in ein Duschtuch und schritt in mein Schlafzimmer, um mich anzuziehen.

Holly:

Mein Handy lag auf der Nachtkonsole und ich warf einen Blick auf das Display, runzelte die Stirn. Ich hatte eine Nachricht von Unbekannt.
"Hallo Holly, hier ist Ethan. Vielleicht erinnerst du dich noch an mich von der gestringen Party." - stand dort geschrieben und mein Herz begann schneller zu schlagen, während ein Lächeln meine Mundwinkel in die Höhe zog. "Tony hat mir deine Nummer gegeben und ich dacht mir, ich melde mich mal. Wenn du Bock hast, kannst du dich ja melden. Ethan."
Ich biss mir auf die Unterlippe, während ich darüber nachdachte, ob ich ihn antworten sollte. Eigentlich hatte ich ihn schon abgeschrieben, weil wir nur einige Minuten miteinander gesprochen hatte, aber anscheinend hatte es gereicht.
"Hi Ethan. Ich melde mich dann mal." - schrieb ich und setzte einen zwinkernden Smiley dahinter. "Wie geht es dir?" - schrieb ich noch dazu und schickte ab.

Holly:

Mein Herz schlug etwas schneller in meiner Brust und ich freute mich, dass ich bei ihm anscheinend einen guten Eindruck hinterlassen hatte. Ich war doch nicht so unsichtbar für die Männerwelt wie angenommen.
"Gut, wie geht es deinem Freund?" - kam von ihm die SMS und es rührte mich, dass er an Evan dachte.
"Ihm geht es auch gut. Er hat ein blaues Auge und angeschwollene Unterlippe." - schrieb ich zurück. "Hast du heute noch was vor?" - fragte ich und biss mir auf die Lippe.
"Noch nicht und daher wollte ich dich fragen, ob du Lust hast, mit mir heute ins Kino zu gehen." - kam die SMS und ich kreischte, bevor ich mich rückwärts auf das Bett fallen ließ.